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Barrieren abbauen - auch im Kopf

Erstellt von Schulpflege Volketswil | |   Unsere Zeitung

Wie ist es, wenn man im Rollstuhl sitzt? Welche Herausforderungen bringt eine eingeschränkte Mobilität im Alltag mit sich? Diese Fragen beantwortete der Volketswiler Rudolf Weiler von Procap an einem Workshop der 1. Sek von Nadja Wehrli im «In der Höh».

Rudolf Weiler kennt sich aus im Schulhaus In der Höh. Einerseits ist er Vater einer Dritt-Sek-Schülerin, ­andererseits engagierter Mitarbeiter für das Schulmagazin «Schulfenster». So ist er viel im Schulhaus anzutreffen. Als Rollstuhlfahrer weiss er, wo die Lifte sind, welche Rampen es gibt, um Aussentreppen zu überwinden, und wo die Behinderten-WCs situiert sind. Am Mittwoch, 3. Juli, ist Rudolf Weiler aber in einer anderen Funktion im «In der Höh»: Er leitet einen Workshop für die 1. Sekundarklasse als Moderator von Procap. Die nationale Behindertenorganisation setzt sich für rund 1,7 Millionen Menschen mit Behinderungen in der Schweiz ein. Für Schulen bietet Procap das Sensibilisierungsprogramm «Mal seh’n» an, bei welchem Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen Schulklassen besuchen und aus ihrem Alltag erzählen.

Als 17-Jähriger verunfallt

Welche Fähigkeiten und Bedürfnisse haben Menschen im Rollstuhl? Wie sieht das Leben mit Querschnittslähmung aus? Was hilft Menschen mit Einschränkungen in ihrem Alltag? Diesen Fragen geht Rudolf Weiler bei seinem Besuch in der Klasse nach. Zu Beginn der Doppellektion erklärt er, was Paraplegie genau ist, und zeigt anhand eines Schulskeletts, wo das Rückenmark ist, das durch einen Unfall, Krankheit oder Geburtsgebrechen beschädigt werden kann, was zu einer Lähmung von Beinen und/oder Armen führt. Offen schildert er den Schülerinnen und Schülern, wie ein Unfall zu seiner Querschnittslähmung führte. So musste er als 17‑Jähriger im ersten Lehrjahr verstopfte Leitungen eines Silos ausblasen. Für Licht sollte eine Handlampe sorgen, die ihm ein Kollege reichte. Diese war defekt und versetzte ihm einen Stromschlag, so dass er aus rund drei Metern Höhe von einer Leiter fiel und mit dem ­Rücken auf eine Treppe aufschlug. Seit diesem schlimmen Unfall ist er querschnittsgelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

Wie öffne ich eine Tür?

Damit die Jugendlichen nachhaltige Erfahrungen sammeln können, hat er vier Rollstühle mitgenommen, mit denen die Jugend­lichen erste Fahrversuche machen können. Schnell merken die Schülerinnen und Schüler, dass es im Alltag für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer viele Hindernisse gibt. Wie öffne ich eine Tür oder fahre über eine Schwelle? Wie komme ich in eine Toi­lette hinein? Und wie überwinde ich eine Treppe? «Eine Präsentation allein hat nie den gleichen Effekt wie das Selber-ausprobieren-Können», sagt Rudolf Weiler, der neben Schulen auch bei Firmen, kantonalen Stellen oder ÖV-Verantwortlichen als Experte in Sachen Rollstuhlmobilität gefragt ist.

Persönliche Fragerunde

Im anschliessenden Gespräch dürfen die Jugendlichen auch ganz persönliche Fragen an den Volketswiler stellen. So erfahren sie, dass er seinen Alltag selbstständig meistert und in der Regel nicht auf die Hilfe seiner Familie angewiesen ist. So ist etwa sein Auto so umgebaut, dass er den Rollstuhl, wenn er bereits im Auto sitzt, mit einer Winde ins Auto hieven kann. Ausserdem kann er sich auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Velo (Handbike) gut von A nach B bewegen. Als Mensch mit Behinderung wünscht er sich, dass ihm seine Mitmenschen mit Respekt und Höflichkeit begegnen – «ganz normal also», sagt er. Mit seinen Besuchen in Schulen, Firmen und Unternehmen verfolgt er vor allem ein Ziel: «Es geht darum, Barrieren abzubauen – nicht nur die am Boden, sondern auch die in den Köpfen», erklärt Rudolf Weiler. Dies hat er an diesem Vormittag bei den Jugendlichen sicherlich erreicht. 

 

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