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«Die Gemeindeverwaltung soll als Vorbild vorausgehen»

Erstellt von Interview: Majken Grimm | |   News

Volketswil hat sich Netto Null zum Ziel gesetzt. Zwei wichtige Akteure auf dem Weg dorthin sind Gemeinderat Marcel Egloff und Michèle Bättig, Bereichsleiterin Energie und Umwelt. Die «Volketswiler Nachrichten» haben nachgefragt, was die Gemeinde unternimmt, um ihr Ziel zu erreichen.

Volketswil hat sich Netto Null zum Ziel gesetzt. Weshalb ist der Gemeinde das Thema Energie und Klima wichtig?

Marcel Egloff: Die CO2-Emissionen sind die Hauptverursacher für den menschengemachten Klimawandel. Um den Klimawandel einzudämmen, ist also die Reduktion der CO2-Belastung notwendig. Dazu sollen die fossilen Energien durch erneuerbare abgelöst werden. Der Bund antwortet auf den Klimawandel mit verschiedenen gesetzlichen Grundlagen. Dazu gehört die Energiestrategie 2050. Das revidierte CO2-Gesetz enthält Massnahmen, mit denen CO2-Emissionen gesenkt werden können. Das Klima- und Innovationsgesetz legt unter anderem die Klimaziele in der Schweiz fest. Auch der Kanton gibt Vorgaben. Laut dem kantonalen Energiegesetz dürfen bei Heizungsersatz und Neubauten keine Heizungen mehr eingebaut werden, die fossile Brennstoffe nutzen, mit gewissen Ausnahmen. Der Kanton Zürich hat zum Ziel, bis 2040, spätestens 2050, klimaneutral zu sein. Vor diesem Hintergrund hat der Gemeinderat von Volketswil 2023 weitreichende Energie- und Klimaziele verabschiedet. Dazu gehört das Netto-Null-Ziel bis 2040 für die Verwaltung und öffentliche Anlagen. Ein paar Jahre vor 2050 soll das gesamte Gemeindegebiet Netto Null erreichen. Diese Ziele bilden die Grundlage für die Erstellung und Überarbeitung der strategischen Planung.

Was unternimmt Volketswil, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen?

Michèle Bättig: In den Legislaturzielen 2023–2026 hat der Gemeinderat festgelegt, dass eine Energie- und Klimastrategie erstellt werden soll. Bis heute wurden bereits viele verschiedene energie- und klimapolitische Massnahmen umgesetzt, aber es gibt noch kein übergeordnetes Konzept. Das will man jetzt ändern. Bis zum Ende der Legislatur 2026 soll die Strategie fertig sein. Mit ihr wird festgelegt, wie das bestehende Netto-Null-Ziel erreicht werden kann. Es wird auch ein Monitoring geben, das zeigt, wie weit wir schon sind und was noch getan werden muss. Wir legen Schwerpunktthemen fest und innerhalb dieser Themen definieren wir Massnahmen, die umgesetzt werden sollen. Aber auch sonst haben wir schon viel getan: Der Energieplan wurde im März vom Gemeinderat beschlossen. Er liegt nun beim Kanton zur Genehmigung. Die Arbeiten für den Bau des Wärmeverbundes laufen und werden zwischen der Gemeinde und Energie 360° koordiniert. Aktuell arbeiten wir an der Strategie zum Gasausstieg. Das Gesamtverkehrskonzept enthält Massnahmen wie die Förderung der Radwege und des öffentlichen Verkehrs und sieht auch eine Temporeduktion in den Quartieren vor. Dies wird laufend umgesetzt. Zum Thema Anpassung an den Klimawandel wird unter anderem ein Grünraumkonzept erarbeitet, gemäss dem im Strassenraum mehr Bäume gepflanzt und Verkehrsinseln begrünt werden sollen. Wir bieten auch eine Energieberatung für alle Volketswilerinnen und Volketswiler an, die ersten zwei Stunden sind gratis. In den Volketswiler Nachrichten führen wir die Artikelserie «Ratgeber Energie». Die Website wird laufend ergänzt. Es läuft viel.

Marcel Egloff: Es ist uns wichtig, dass die Gemeindeverwaltung als Vorbild vorausgeht und das entsprechend auch kommuniziert. Auf dem Gemeindehausdach wurde letztes Jahr eine PV-Anlage installiert und für die Kuspo ist eine weitere in Planung. Nach und nach sollen die Gemeindeliegenschaften an den Wärmeverbund angeschlossen oder auf andere Art erneuerbar beheizt werden.

Michèle Bättig: Der Stromverbrauch pro Kopf nimmt in der Schweiz laufend ab. Das ist spannend, weil immer mehr elektrifiziert wird. Gleichzeitig sind die Effizienzanforderungen aber so hoch und Elektroheizungen werden durch erneuerbare Heizungen ersetzt, sodass unter dem Strich der Stromverbrauch pro Kopf sinkt. An dieser Entwicklung ist auch Volketswil beteiligt.

Kürzlich wurde der Energieplan revidiert. Was ist neu?

Marcel Egloff: Der Energieplan von 2015 musste revidiert werden, damit dieses Instrument wieder den aktuellen Anforderungen entspricht. Der neue Energieplan legt die Grundlagen für den Wärmeverbund von Energie 360° und zeigt auf, wie alle Gebäude in Volketswil erneuerbar beheizt werden können, wie vom Kanton gefordert.

Michèle Bättig: Ein weiterer Wärmeverbund für Gutenswil wird geprüft. Wir müssen noch abklären, ob genug Einwohnende Interesse an ­einem Anschluss haben und ob es eine Contracting-Firma gibt, die ihn umsetzen will. Ein dritter Wärmeverbund betrifft ein kleines Gebiet bei der Axpo-Biogasanlage.

Volketswil führt das Label Energiestadt. Was bedeutet das?

Michèle Bättig: Das Label ist ein Leistungsausweis für Gemeinden. Es zeigt, welche Gemeinden eine nachhaltige kommunale Energie- und Klimapolitik verfolgen. Das Label gehört dem Trägerverein Energiestadt, Gemeinden sind Mitglieder. Wer Mitglied ist, kann das Label «Energiestadt» bekommen. Volketswil hat das Label seit 2007. Das Label Energiestadt umfasst sechs Themenbereiche und jeder Themenbereich verschiedene Massnahmen. Alle vier Jahre muss sich die Gemeinde neu auditieren lassen und wird mit Punkten bewertet. Von den möglichen Punkten muss man mindestens 50 Prozent erhalten, um das Label zu bekommen. Volketswil hat jetzt 68,4 Prozent, vor vier Jahren waren es noch 65 Prozent.

Marcel Egloff: Wir haben uns recht gesteigert im Vergleich zum letzten Mal. Nicht weil wir mussten, sondern weil wir es leben. Wegen unserer Grundgedanken wollten wir gewisse Dinge ohnehin umsetzen, was automatisch in das Re-Audit eingeflossen ist.

Welche Kriterien bewertet das Label?

Michèle Bättig: Von den sechs Bereichen behandelt einer die Grundlagen. Gibt es eine Energie- und Klimastrategie, eine Energieplanung oder eine Abfallplanung und wie gut sind sie? Im Bereich Mobilität wird unter anderem bewertet, ob Fahrradverkehr und öffentlicher Verkehr gefördert werden und ob Temporeduktionen umgesetzt werden. Der Bereich Versorgung und Entsorgung beinhaltet die Möglichkeiten, Ökostrom zu beziehen und erneuerbar zu heizen, und ob es ein Recyclingkonzept gibt. Weitere Bereiche sind die interne Organisation der Gemeinde, die Kommunikation gegenüber der Bevölkerung und die kommunalen Liegenschaften.

Was ist eure Rolle auf dem Weg zu Netto Null?

Michèle Bättig: Meine Stelle als Bereichsleiterin Energie und Umwelt wurde im letzten Juni neu geschaffen. Sie verleiht dem Thema mehr Gewicht. Ich setze selbst Massnahmen um, weitere werden von den Abteilungen umgesetzt. Gemeinsam mit Marcel Egloff koordiniere ich die Energiekommission. Er ist dort der Präsident. In der Energiekommission sind verschiedene Abteilungen der Gemeindeverwaltung vertreten. Sie ist für die Umsetzung des energiepolitischen Programms der Gemeinde verantwortlich. Sie bespricht auch alles, was mit dem Label Energiestadt zusammenhängt, und bereitet die Audits vor. Und sie berät über strategische Weiter­entwicklungen und kann entsprechende Anträge an den Gemeinderat stellen.

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