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Hilft Beten?

Erstellt von Tobias Günter, reformierter Pfarrer | |   Unsere Zeitung

Bestimmt kennen Sie diese Frage aus Ihrem Religionsunterricht oder von Ihren Kindern, Götti-/Gotti- oder Enkelkindern. Es ist unmöglich, diese Frage mit einem klaren Ja oder einem klaren Nein zu beantworten. Diese Frage ruft nach Erklärungen.

Wir alle haben Wünsche oder Lebensträume, die sich erfüllen können oder auch nicht. Was nützt es nun, wenn wir Gott um die Erfüllung unserer Wünsche und/oder Lebensträume bitten, mit ihm also aktiv darüber sprechen? Einerseits haben wir ein, wenn auch unsichtbares, Gegenüber, welches uns, wie es in der Bibel heisst, in Form des Heiligen Geistes immer versteht, tröstet und mit uns auf der Welt lebt. Andererseits üben wir uns selbst darin, unsere Wünsche und Lebensträume klar zu formulieren, und wir werden dadurch zu aktiven Suchern unseres eigenen Glücks. Weshalb sich dann doch nicht alle unsere Wünsche und Lebensträume erfüllen, das müssen wir Gott überlassen. Er kennt unsere Persönlichkeiten und Lebensgeschichten, hat Pläne für uns und das ganze Universum, doch wie der Prophet Jesaja sagt: «Gottes Gedanken sind nicht unsere Gedanken.» Und wir können, mit Paulus und Kohelet gesprochen, Gottes Werk nicht vom Anfang bis zum Ende begreifen, unser Erkennen ist Stückwerk. Es gibt aber auch noch das Gebet für ein bestimmtes Ereignis, beispielsweise für schönes Wetter oder einen Lotteriegewinn, für das Zufallsglück eben, welches wir alle im Leben immer wieder brauchen. Doch auch da gilt: Die Regeln des Zufallsglücks sind nicht durchschaubar. Manchen Menschen fällt vieles zu, andere müssen mehr um ihr Glück kämpfen. Wir dürfen aber darauf vertrauen, dass Gott alle unsere Gebete hört, auch wenn er diese nicht oder nicht sofort erhört. Selbst Jesus, Gottes einziger Sohn, betete kurz vor der Kreuzigung im Garten Gethsemane und am Kreuz selbst voller Traurigkeit und Verzweiflung, starb einen schmerzhaften, unwürdigen Tod, welcher aber, wie wir wissen, nicht das letzte Wort hatte, sondern in der österlichen Auferstehung und in der pfingstlichen Heiliggeistausgiessung den Grundstein unserer christlichen Identität und Glaubensgeschichte legte. Ob dies aufgrund des jesuanischen Gebetes geschah, wissen wir nicht. Doch wir dürfen glauben und hoffen, dass uns Gott bis ans Ende aller Zeiten tröstend, vergebend und mitfühlend im Heiligen Geist mitten im turbulenten Alltagsleben beisteht. Ich wünsche Ihnen einen hoffnungsvollen Frühling und einen geruhsamen Sonntag.

Pfarrer Tobias Günter

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