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In welchem Geist wollen wir leben?

Erstellt von Roland Portmann, reformierter Pfarrer | |   Unsere Zeitung

Pfingsten, das Fest der Ausgiessung des Heiligen Geistes über die Gemeinde, liegt hinter uns. Die Followergemeinde von Jesus, die Kirche, wird demokratisch: Der Hirte ist mit Auffahrt endgültig weg, die Schafe, die Herde muss jetzt selber schauen. Jesus, die «Leitfigur», ist weg – das ist für die Jünger zuerst einmal eine Überforderung.

Mutlos und angsterfüllt sitzen sie in Jerusalem. Dann passiert Pfingsten: Der Heilige Geist, der Geist Gottes, kommt über sie und alle sind «geisterfüllt». Weder Petrus noch Johannes werden zum Nachfolger des Chefs ernannt – alle sind gleichermassen berufen. Und: Alle «verstehen» einander und tragen neu «be-geistert» die Botschaft von Jesus in die Welt hinaus. Ich finde es immer wieder inspiriert, wenn Menschen von etwas «begeistert» sind, im Kleinen wie im Grossen. Im Kleinen privat, wie für ein Hobby wie die Modelleisenbahn, Sport, einen Verein. Im Grossen politisch und sozial, wie der Einsatz für den Regenwald oder für das Klima generell oder die Ärzte ohne Grenzen. Auch gemeinnützige Freiwilligenarbeit gehört dazu. Menschen setzen sich über das gewohnte Mass für etwas ein. Die Begeisterung kann aber auch in Fanatismus umschlagen, wenn man die eigene Position absolut setzt: Die Geschichte ist voll von traurigen Beispielen. Auch die gegenwärtige Debatte um den Nahostkonflikt driftet auseinander: Besetzung von Unis und Parolen sind da nicht zielführend. «Begeistert» sein: aber von welchem Geist? Angesichts der Weltlage kann man schon verzagen. Die Ukraine, der Nahostkonflikt, die Klimakrise, die gesellschaftlichen Folgen von Corona, die politische Entwicklung in unseren Nachbarländern und in den USA ... Und dennoch nicht die Hoffnung aufgeben, ja darauf vertrauen, dass es irgendwie schon gut kommt, ja sogar mit etwas Unerwartetem, mit einem «Wunder» rechnen, das neu begeistern, ja Mut spenden kann – dafür steht Pfingsten. Diesem Geist der Hoffnung und Zuversicht, diesem Geist von Pfingsten, lohnt es sich nachzuspüren. So ermutigt auch der Apostel Paulus seinen Freund Timotheus, indem er schreibt: «Gott hat uns nicht einen Geist der Angst oder gar Mutlosigkeit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Gelassenheit.» 

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