Bereits nach wenigen Minuten im Amt stellte der neue, alt bekannte Mann an der Spitze des Gewerbevereins die wichtigste Frage des Abends: «Soll der Zusammenschluss mit dem Industrieverein weiter geprüft werden?» Nachdem die IVV-Mitglieder diese Frage bereits im September bejaht hatten, lag der Ball nun bei den Gewerblerinnen und Gewerblern. Warum sich die beiden Vorstände Gedanken über eine mögliche Heirat gemacht hätten, legte Mathys im Detail dar. «Beide Vereine haben die Herausforderung, einen Vorstand zu besetzen und Leute zu finden, die aktiv mitmachen.» Viele Anlässe, die von den beiden Vereinigungen in der Vergangenheit organisiert worden waren, seien identisch gewesen. Ausserdem seien 35 Mitglieder aktuell sowohl im Gewerbeverein als auch im Industrieverein als Mitglieder registriert. Die Ressourcen liessen sich künftig effizienter nutzen, da nur noch ein Vorstand benötigt würde, Doppelspurigkeiten vermieden und letzten Endes Kosten gespart werden könnten.
Gewerbeverein als interessante Braut
Als weitere Vorteile und Ziele eines Zusammenschlusses zwischen IVV und GVV zum IGV – Industrie- und Gewerbeverein Volketswil – nannte Mathys die stärkere Interessenvertretung. Das gemeinsame Auftreten gegenüber der Lokalpolitik, der Verwaltung sowie der Öffentlichkeit würde die Durchsetzungskraft und Sichtbarkeit beider Vereine erhöhen. Gewerbebetriebe könnten durch den Zusammenschluss künftig vom Zugang zu industriellen Netzwerken profitieren und umgekehrt, der neuen Organisation wäre es möglich, durch gebündelte Kräfte ein vielfältigeres Programm zu bieten und ein einheitliches Standortmarketing zu betreiben. «Wir sind uns von Anfang an auf Augenhöhe begegnet», so Mathys über die Sondierungsgespräche zwischen den beiden Vorständen und betonte: «Es ist nicht so, dass wir beim IVV angeklopft haben und sagten, dass wir ein Problem hätten. Der GVV ist eine interessante Braut». Mathys erinnerte insbesondere an die Volketswiler Gewerbeausstellung, den 5+-Anlass und die dichte Vernetzung in der Gemeinde Volketswil.
Gemeinde braucht starken Ansprechpartner
Patrick Kocher, Co-Präsident des Industrievereins, gab in einem kurzem Statement seiner Hoffnung Ausdruck , dass dem Antrag zugestimmt werde. Der IVV-Vorstand sei einem Zusammenschluss gegenüber «positiv» eingestellt. Die Voten aus den Reihen der anwesenden Gäste – insgesamt 75 an der Zahl, davon 42 stimmberechtigt – zielten hauptsächlich in dieselbe Richtung. «Der Zusammenschluss ist der richtige Weg. In Dübendorf funktioniert es auch», meinte ein Mitglied, das 22 Jahre im dortigen Vorstand des Gewerbe-, Handels- und Industrievereins tätig war. Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto legte die Sicht der Gemeinde dar, ohne ein konkretes Votum abgeben zu wollen: «Wir brauchen in Volketswil eine starke Wirtschaft und die Gemeinde braucht einen starken Ansprechpartner.» Unterstützung für den Zusammenschluss gab es auch vom Präsidenten des Bezirksgewerbeverbandes Joe P. Stöckli: Beide Vereine würden für das Gleiche kämpfen. Und je grösser eine Vereinigung sei, desto mehr Gewicht habe sie, um ihre Interessen gegenüber der Politik durchzusetzen. Vereinzelt gab es auch kritische Töne. Ganz klar gegen einen Zusammenschluss sprach sich ein Einzelunternehmer aus, weil die Perspektiven und Probleme eines Gewerblers in der Region nicht kompatibel mit denjenigen eines international tätigen Multis seien. Mit seiner Aussage erhielt er Schützenhilfe eines Grossunternehmens. Unter dem Vorbehalt, dass die unterschiedlichen Interessen – sowohl jene der Physiotherapeutin als auch jene des 500-Mitarbeitenden-Unternehmens – im neuen Konstrukt gebührend berücksichtigt würden – könnte er dem Zusammenschluss zustimmen. Mit grosser Mehrheit ebneten die Stimmberechtigten schlussendlich den Weg für die weitere Prüfung.
IGV bereits am 2026 möglich
Laut Fahrplan wollen die beiden Vorstände im Zeitraum von Juni bis August die gemeinsamen Statuten und weitere Schritte erarbeiten. Im September sollen dann der Industrieverein - an seiner ordentlichen GV – und der Gewerbeverein an einer ausserordentlichen GV über den Zusammenschluss abstimmen. Wenn die Mitglieder beider Organisationen grünes Licht erteilen, werden der GVV und der IVV ab dem 1. Januar 2026 vereint als Industrie- und Gewerbeverein Volketswil (IGV) auftreten. «Ganz nach dem Motto miteinander statt nebeneinander», wie Mathys festhielt.
«Ich fühle mich wie ein Murmeltier»
«Wo soll ich überhaupt anfangen?», zeigte sich der Vize-Präsident Hansjürg Fels beim Verlesen seines emotionalen Jahresberichts etwas überrumpelt. Sein letztes von insgesamt 12 Vorstandsjahren sei zugleich auch sein herausforderndstes gewesen. Damit hätte er nicht gerechnet. Nachdem die letzte von 48 Ausgaben der «Voletschwyler Gwärbziitg» Ende November erschienen war, erhielt er ein Telefonat, das ihn sprachlos machte. Der erst im April neu zum Präsidenten gewählte Thomas Brunner trat aus gesundheitlichen Gründen per sofort von seinem Amt zurück. Der Vorstand bestand in der Folge nur noch aus drei Mitgliedern und Vize Fels versuchte das Vereinsschiff so gut als möglich auf Kurs zu halten. Mit den Worten «Unser Gewerbe lebt und ist ein wichtiger Teil unserer Gemeinde», schloss er seinen Jahresbericht und verabschiedete sich in den Ruhestand. Für sein langjähriges Schaffen wurde er mit grossem Applaus zum Ehrenmitglied ernannt.
Neu für den Vorstand zur Verfügung stellten sich Benno Steinmetz, Andrin Widmer und Marcel Mathys als Präsident. Weiter wird das Gremium durch das bisherige Mitglied Susanne Savoy ergänzt. Mathys präsidierte den Gewerbeverein schon einmal, während 12 Jahren zwischen 2005 und 2017. Er habe das Amt übrigens nicht gesucht. «Ich fühle mich wie ein Murmeltier, das aus dem Winterschlaf erwacht ist.» Mathys stellte auch klar, dass das erneute Engagement ein zeitlich begrenztes sei. «Im Idealfall bis zum Zusammenschluss mit dem IVV». Im Berichtsjahr waren 13 Mitglieder ausgetreten, während zwei Mitglieder neu dem Gewerbeverein beitraten.