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"Macht uns Arbeit krank?"

Erstellt von Toni Spitale | |   Unsere Zeitung

Am jüngsten IVV-Business-Lunch ging es um psychische Belastung am Arbeitsplatz und wie man es schafft, in der Balance zu bleiben. Ein Vortrag zu einem gesundheitlichen Problem, über das Betroffene in der Regel nur ungern sprechen, lockte über 40 Mitglieder und Gäste in den Landenbergsaal nach Greifensee.

Dr. Christine Fekete referierte zu einem «hochaktuellen Thema». Denn 14 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen fühlten sich psychisch belastet. Und: «Jede zweite Person hat im Leben einmal eine psychische Erkrankung», so Fekete zur Problematik. «In der Arbeitswelt ist die Hürde, über psychische Erkrankungen zu sprechen, besonders hoch, da Leistungsdruck besteht und viele engagierte Arbeitskräfte psychische Erkrankungen als Schwäche interpretieren.» Über einen Unfall zu sprechen, sei viel einfacher. Psychische Erkrankungen würden immense Produktivitätsverluste ­verursachen. Als typisches Beispiel nannte die Gesundheitswissenschaftlerin den Zustand, der in der Fachsprache als «Präsentismus» bezeichnet wird: Jemand ist zwar am Arbeitsplatz anwesend, erbringt aber nicht die volle Leistung.

Veränderungen als Ursache

«Macht uns Arbeit krank?» Immerhin hätten 30 Prozent der befragten Erwerbstätigen im Job-Stress-Index 2022 angegeben, dass sie unter hohem Druck stünden. Dieser Wert sei in den letzten Jahren konstant geblieben. Tiefgreifende Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und in den Arbeitsbedingungen bezeichnete die international tätige Dozentin aus Luzern als mögliche Ursachen. Konkret zählte sie die Digita­lisierung, die Dauererreichbarkeit, die unsicheren Arbeitsverhältnisse in der «Gig Economy», die Entmenschlichung verschiedener Arbeitsbereiche sowie die überhöhte Leistungsbereitschaft in der heutigen «Burnout-Kultur» auf.

Spass, Herausforderung, Fokus

Um trotz aktueller Herausforderungen psychisch gesund zu bleiben, brauche es ein gesundes Arbeitsumfeld. Was dies bedeutet, veranschaulichte Fekete anhand des als «Fun-Fear-Focus» bekannten Modells. Die Stimmung beeinflusse Leistung und Gesundheit. Den anwesenden Führungskräften empfahl sie, stärken­orientiert zu führen und den Wahrnehmungsfokus auf Positives zu ­lenken. Auch könne eine Kultur der Wertschätzung, durch das Ausdrücken von Dankbarkeit, das Arbeitsklima günstig beeinflussen. Nicht zuletzt sei aber auch ein guter ­Umgang mit negativen Emotionen wichtig. Die Referentin präsentierte die «ALI»-Technik – atmen, lächeln und innehalten –, die helfe, Reizen sinnvoll und konstruktiv zu begegnen. Unter «Fear» sei ein gesundes Mass an Herausforderungen zu verstehen, so dass der Mitarbeitende seine Arbeit mit Freude und produktiv verrichte. Massvoll sei deshalb angezeigt, weil eine Überforderung in der Regel genau das Gegenteil ­bewirke. Zum dritten und letzten Punkt, dem Fokus, führte Fekete aus, dass es wichtig sei, Ablenkungen von der Arbeit möglichst zu vermeiden. Gemäss einer Studie aus Deutschland werden Arbeitnehmende alle vier Minuten in ihrer Tätigkeit unterbrochen und das Hirn braucht danach wieder Zeit, bis es auf die Aufgabe fokussiert ist. Alleine dadurch gehen den deutschen Unternehmen jährlich 58 Milliarden Euro verloren. Die Referentin erzählte von einer Firma, die eine tägliche fixe Fokuszeit eingeführt hat. Im festgelegten Zeitrahmen von 90 Minuten werden weder Sitzungen abgehalten, noch werden Anrufe getätigt oder E‑Mails beantwortet. Weiter gab sie den Ratschlag mit auf den Weg, eine interne «Technologie-Tool»-Inventur durchzuführen, die genutzten Kanäle zu hinterfragen und gegebenenfalls einzudämmen. Abschliessend machte sie einen Verzicht auf Multitasking beliebt: «Nicht einmal Frauen können Multitasking.» IVV-Co-Präsident Roman Geu würdigte das Referat als Augenöffner auf eine Problematik, die bei ­vielen Führungskräften immer noch als Tabu gelte.

Weitere Informationen gibt es unter www.workmastery.ch und www.ivv.ch

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