Die Fussball-EM ist vorbei, politische Debatten sind auf Eis gelegt, die Schulkinder vergnügen sich in der Badi, und auch sonst geht’s überall etwas ruhiger zu. Kurzum, es ist Ferienzeit … Die Ferienzeit ist doch auch für Zu-Hause-Gebliebene und Durcharbeitende schön, weil der Way of Life doch etwas anders ist. Man wirft am Feierabend mal den Grill an, geniesst einen Apéro auf dem Balkon, geht in ein Gartenrestaurant oder an einen See, überhaupt in die Natur. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf erinnere ich mich ans Gleichnis von Maria und Marta (Lk 10, 38–42), in welchem die eifrige, sich sorgende Marta der gelassen geniessenden Maria entgegengestellt wird und Jesus, für uns alle etwas irritierend, Marias Geniessen, Sitzen und gelassenes Zuhören als «das gute Teil» bezeichnet. Jesus ruft damit nicht zum aktiven Nichtstun auf, rät uns aber dazu, uns in Gelassenheit zu üben, nicht ständig alles unter Kontrolle haben zu müssen, uns eben Time-outs zu gönnen. Dass in unserer lauten und schnelllebigen Welt Depressionen und Erschöpfungszustände bereits bei Kindern zunehmen, stimmt mich sehr nachdenklich. Ich erinnere mich noch sehr genau an ein Gespräch, welches ich im Mai 2023 im Bus mit zwei aufgeweckten Sechstklässlern führte. Wir sprachen über Ferien und darüber, dass es jeweils schwierig sei, sich nach den Ferien wieder ans frühe Aufstehen zu gewöhnen. Etwa nach zwei Minuten wandten sich die beiden Jungs plötzlich ab, um mal richtig gähnen zu kön- nen. Dieses Beispiel zeigt mir sehr anschaulich, dass offensichtlich bereits 12-jährige Kinder nicht völlig zu ihrem «Müdesein» stehen können bzw. glauben, dieses «Müdesein» verstecken zu müssen, wobei ja «Müdesein» völlig natürlich, eine gesunde Reaktion des Körpers, ist. In diesem Sinne: Geniessen wir die ruhigeren Sommerwochen und gönnen wir uns immer wieder und ganz bewusst Time-out-Phasen. Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sonntag,
Tobias Günter, reformierter Pfarrer