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Was der christliche Glaube zu Krieg und Frieden zu sagen hat

Erstellt von Roland Portmann, reformierter Pfarrer | |   Unsere Zeitung

In einer Welt, die von Gewalt, politischen Spannungen und kriegerischen Auseinandersetzungen geprägt ist, stellt sich die Frage nach der Haltung des christlichen Glaubens zu Krieg und Frieden mit neuer Dringlichkeit. Was sagt das Evangelium zu diesen brennenden Fragen unserer Zeit? Gibt es aus christlicher Sicht überhaupt eine klare Position?

Gerade aktuell berufen sich viele Kriegsparteien auf Glauben und Religion. Die Bibel beginnt nicht mit Krieg, sondern mit einem Schöpfungsbericht, der das Leben feiert: «Und siehe, es war sehr gut» (1. Mose 1, 31) Der Mensch wird als Ebenbild Gottes geschaffen – ausgestattet mit Würde, Freiheit und Verantwortung. Dieses Menschenbild bildet die Grundlage jeder christlichen Friedensethik: Jeder Mensch, unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung, ist Träger einer unantastbaren Würde – jeder Mensch. Jesus selbst hat sich radikal für Frieden eingesetzt. Seine Worte «Selig sind, die Frieden stiften» (Matthäus 5, 9) sind keine naive Utopie, sondern ein klarer Auftrag. Seine Friedensbotschaft ist jedoch keine einfache Absage an Gewalt allein – sie geht tiefer. Sie verlangt Feindesliebe, Gewaltverzicht, Versöhnung und einen aktiven Einsatz für Gerechtigkeit, die sogar im Verlust des eigenen Lebens enden können. Der Frieden, von dem Jesus spricht, ist nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern ein Zustand heiler Beziehungen – zu Gott, zum Nächsten und zur Welt – ein «Miteinander» also. Dennoch ist die Realität meistens anders. Die Kirchengeschichte kennt sowohl Zeiten der Friedensverkündigung als auch dunkle Kapitel der Rechtfertigung von Gewalt. Heute sind sich viele christliche Kirchen einig: Krieg ist immer ein Scheitern – moralisch, menschlich und geistlich. Auch wenn leider gerade auch heute hier in seltenen Fällen wieder von einem «gerechten Krieg» gesprochen wird, hat sich in den letzten Jahrzehnten verstärkt eine Haltung der aktiven Friedensförderung und der Gewaltfreiheit durchgesetzt. Der christliche Glaube ruft Menschen auf, Friedensstifter zu sein – im Kleinen wie im Grossen. Frieden beginnt nicht erst auf diplomatischer Ebene, sondern im Alltag: in der Art, wie man mit Andersdenkenden umgeht, wie man Konflikte löst, wie man seine Stimme erhebt für die Schwachen und Unterdrückten. Christlicher Glaube bedeutet, Hoffnung nicht allein auf Rüstung und Abschreckung zu setzen, sondern auf Vertrauen, Dialog und Versöhnung. Gerade Kirchen können hier vermittelnd wirken und haben es in der Vergangenheit immer wieder getan: So setzten sich die Präsidentin der EKS (der evangelischen Kirche der Schweiz) oder gar der Papst immer wieder und unermüdlich für Dialog und Frieden ein. Es gibt hier sogar einen christlichen Friedensdienst. In Zeiten globaler Unsicherheit bleibt der christliche Friedensauftrag ein unbequemer, aber notwendiger Gegenentwurf zur Logik der Gewalt. Er erinnert uns daran, wie auch Paulus an die Römer schreibt: «Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem» (Römer 12, 21). 

Roland Portmann, reformierter Pfarrer

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