Auch wenn viele Menschen nicht mehr in der Landwirtschaft tätig sind und Angepflanztes nicht selbst ernten, so erinnert das Erntedankfest doch daran, für die tägliche Nahrung dankbar zu sein. In der Bibel wird die Geschichte vom Volk Israel erzählt, wie es 40 Jahre in der Wüste herumwanderte, um von Ägypten nach Israel zu gelangen. Es war alles andere als ein Spaziergang und die damit verbundenen Strapazen sind für uns heute kaum mehr vorstellbar. Kurz bevor das Volk schliesslich nach Israel kam, rief ihr Anführer Mose den Menschen ins Gedächtnis, was sie erwarten würde und wem sie alles zu verdanken haben: «Denn der Herr, dein Gott, bringt dich in ein gutes Land. Dort gibt es Flüsse, Quellen und Seen, in den Tälern und in den Bergen. Weizen wächst dort und Gerste und Wein. Die Bäume tragen Feigen und Granatäpfel. Es ist ein Land reich an Oliven und Honig. Wenn du isst und satt wirst, dann danke dem Herrn, deinem Gott! Er hat dir dieses gute Land gegeben.» So wie Gott damals für sein Volk sorgte, so kümmert er sich heute um uns und begleitet uns auf unseren Lebenswegen. Wäre es nicht Anlass, Gott dafür zu danken? Der Dank geht über das Essen hinaus, denn es geht uns mit vielem sehr gut: Wir haben eine hochstehende medizinische Versorgung; in unseren Läden gibt es selten leere Regale; die Kinder können die Schule besuchen; wir leben in einer schönen Landschaft etc. Die Liste lässt sich beliebig verlängern mit Dingen, die im Alltag oft zu Selbstverständlichkeiten geworden sind. Das Erntedankfest gibt mir Gelegenheit, bewusst innezuhalten und darüber nachzudenken, wofür ich dankbar bin. Gleichzeitig kann ich mir Gedanken machen, welchen Menschen ich in meinem Umfeld besonders danken möchte. Dass Gott mich begleitet und für mich sorgt, geschieht manchmal über Menschen, die ein Stück Lebensweg mit mir gehen. Wem sagen Sie heute mit einem Lächeln «Danke»? 

Patrice J. Baumann, reformierter Pfarrer