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Das fliegende Spaghettimonster

Erstellt von Michaele Madu, katholische Pfarrei Volketswil | |   Unsere Zeitung

Kennen Sie die „Pastafari-Religion? Es gibt sie erst seit 14 Jahren. Diese Gruppierung nennt sich auch „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“. Alles begann mit dem Physiker Bobby Henderson in den USA. Er schrieb einen offenen Brief an die Schulbehörde seines Wohnortes, da diese verboten hatte, im Biologieunterricht über die Evolution zu sprechen.

Der Schuldirektor vertrat dabei die Haltung christlicher Sekten. In Amerika lehren diese nur das „Intelligente Design“, bei dem man glaubt, dass Gott die Welt in genau sechs Tagen erschaffen hat. Diese wörtliche Bibelauslegung ist ein typisch freikirchliches Phänomen. Die reformierten und katholischen Kirchen erkennen hingegen die wissenschaftliche Erkenntnis der Evolutionstheorie an. Bobby Henderson forderte, dass auch seine Glaubenslehre in der Schule verbreitet werden soll, nämlich, dass ein fliegendes Spaghettimonster die Welt erschaffen hat. Das wäre genauso logisch wie die biblische Gottesvorstellung. Natürlich glaubt Henderson an kein Spaghettimonster. Er wollte durch diese Erfindung nur naive Gottesvorstellungen kritisieren. Schnell fand er Anhänger seiner satirischen Lehre. Das Logo seiner „Kirche“ erinnert an den „Jesusfisch-Aufkleber“ auf Autos, der ergänzt wurde durch Fleischbällchen-Augen und Spaghetti-Tentakel. Dahinter steht der Spott über engstirnige Religionsgruppen. Ich finde es durchaus berechtigt, sich von Gruppierungen abzugrenzen, die wissenschaftliche Erkenntnisse ignorieren und abergläubischen Weltbildern anhängen. Zum Glück haben sich die christlichen Kirchen seit Jahrzehnten der Aufklärung geöffnet und pflegen einen begründeten Glauben, der sich aber auch sinnlich äussern darf. Die „Nudelkirche“ hingegen geht noch weiter in ihrer Kritik, indem sie auf ihren Homepages in Industrieländern die zentralen Glaubensinhalte der Weltreligionen wie das Gottesbild oder die Gebote des Zusammenlebens satirisch umformuliert. Dort heisst es, dass das Spaghettimonster zu seinen Anhängern spricht: „Mir wäre es lieber, du würdest dich nicht als oberheiliger Heuchler aufspielen, meine Existenz nicht als Mittel der Unterdrückung benutzen und keine teuren Kirchen bauen, statt Armut zu beenden und Krankheiten zu heilen.“ So klingt die teilweise berechtigte Religionskritik. Ich finde es aber bedenklich, bzw. sinnlos, dass es jetzt noch weitergeht. In Deutschland wurde die „Kirche des fliegenden Spaghettimonsters“ 2012 als Weltanschauungsgemeinschaft anerkannt. Damit muss sie sich meiner Meinung nach aber genauso den Kriterien stellen, mit denen die anderen Kirchen beurteilt werden. Natürlich gibt es die dunklen Seiten der Kirchen wie Missbrauch, Machtgebaren oder Angstmache. Eine Glaubensgemeinschaft muss sich den Fragen stellen, ob sie sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung/Umwelt einsetzt, ob durch ihre Seelsorge Menschen gesünder werden, ob sie Kranke und Sterbende heilsam begleitet und insgesamt mit Menschen auf dem Weg der Hoffnung in die Zukunft geht. Davon sehe ich vieles in den christlichen Kirchen und Weltreligionen verwirklicht. Die Spaghettimonsterkirche hingegen hat keine eigene Substanz – nur ihre Kritik an anderen Weltanschauungen. Die Botschaft Jesu aber hat da, wo sie sich gesund und menschennah entfalten konnte, viel Vergebung und Heilung bewirkt. Jesus selbst soll gesagt haben: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“. Der Spott der Pastafaris schafft noch kein eigenes ethisches Handeln, da eher gesagt wird, wogegen man ist und nicht, wofür man sich mit Leib und Seele einsetzt. Die christlichen Kirchen müssen sich satirisch-kritisch anfragen lassen, aber in ihrem Engagement und mit ihrem gereiften Fundament müssen sie sich auch heute nicht verstecken.

Michaele Madu, katholische Pfarrei Volketswil

 

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