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Das Kreuz des Don Camillo

Erstellt von Michaele Madu, katholische Pfarrei | |   Unsere Zeitung

Viele Menschen der älteren Generation erinnern sich bestimmt noch an die legendären fünf Don-Camillo-Filme in schwarz-weiss. Mit leidenschaftlicher Wut und hintergründigem Humor lieferten sich dort der kommunistische Bürgermeister und der katholische Pfarrer ihre politischen Zweikämpfe. Dies geschah nicht nur verbal, sondern es flogen durchaus manchmal die Fäuste zwischen den beiden.

Der Autor der Bücher, die in den Fünfzigerjahren verfilmt wurden, war Giovanni Guareschi. Er hatte die Versöhnung zwischen Staat und Kirche nach dem zweiten Weltkrieg im Sinn. Die Hauptfiguren, die die Schauspieler Fernandel und Gino Cervi verkörperten, hatten mehr gemeinsam als man vordergründig vermuten konnte. Letztlich ging es der kommunistischen und der christlichen Partei im Film um die Unterstützung der verarmten Bevölkerung. Doch meist blitzte diese gute Botschaft nur kurz auf zwischen den ideologischen Wortgefechten.

Als Jugendliche sah ich die Filme und fühlte mich nicht nur gut unterhalten, sondern war auch berührt von den ruhigen Szenen des Don Camillo vor dem Kreuz in seiner Kirche. Als grosses Kruzifix hing dort der gekreuzigte Jesus über dem Altar. Je nach Situation nahm sich Don Camillo Zeit, um in sich zu gehen und in Ruhe unter dem Kreuz zu beten. Doch immer wieder gab es auch Momente, in denen er hereinstürmte und vor Jesus über seinen Feind Peppone laut schimpfte. Das Besondere aber war, dass in den Filmen Jesus dem Don Camillo mit sanfter Stimme antwortete. Der Gekreuzigte sprach ihm Mut zu, durchschaute ihn humorvoll und ermahnte ihn auch häufig. Natürlich war das ein Stilmittel, mit dem gezeigt wurde, was in Don Camillo vorging, während er betete und sein Gewissen zu ihm sprach. Aber das hat Menschen so sehr geprägt, dass noch heute Touristen in den ehemaligen italienischen Drehort des Filmes zu diesem Kreuz pilgern. Im Ort Brescello hängt er immer noch in der Kirche: „Il crocifisso parlante“ – „der sprechende Gekreuzigte“. Es ist das Originalkreuz aus dem Film. Dieses hat einen Jesuskopf mit geschlossenen Augen. Das ist der einzige erhaltene Kopf von vier Jesusköpfen, die ursprünglich im Film verwendet wurden. Um die verschiedenen Gefühle und Gesichtsausdrücke Jesu gegenüber Don Camillo zu zeigen, wurden die Köpfe immer wieder ausgetauscht. In der Handlung kam es auch ab und zu vor, dass der Gekreuzigte schwieg. Darunter litt Don Camillo sehr, da er sich nach Trost und Antwort sehnte. Doch gerade durch sein Schweigen wollte Jesus ihm etwas sagen. Geht es uns heute eher so wie Don Camillo in diesen schweigenden Szenen? Würden mehr Menschen beten, wenn sie dabei eine göttliche Stimme hörten, die wie ein Mensch antwortet?

Die Filme liessen mich immer wieder mit dem eigenartigen Gefühl zurück, dass ich mir das wünschte und dann doch nicht. Es hätte etwas zu Figürlich-Greifbares an sich, wenn mein Kruzifix oder meine Ikone plötzlich sprechen könnten. Es würde mir die Arbeit ersparen, tiefer zu horchen auf die Zwischentöne in meinem Inneren. Und wäre das wirklich wünschenswert? Gerne würde ich dieses Kreuz einmal bei einem Urlaub anschauen. Und doch spüre ich, dass es sein Gutes hat, wenn Gott geheimnisvoller und verborgener von uns gesucht werden muss als in der plastischen Darstellung des Filmes.

 

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