Hass, der einem entgegenschlägt, besiegt man nicht durch naive Freundlichkeit. Aber das Entstehen von Hass im eigenen Inneren kann man vermeiden durch eine gute Einstellung zum Leben. Das zeigt für mich die indische Geschichte vom Tempel der tausend Spiegel. Er wird erzählt, dass einmal ein Hund zufällig den Eingang zu einem alten Tempel fand. Misstrauisch schlich er hinein und machte sich auf Gefahren gefasst. Gross war sein Schreck, als er auf einmal Tausende von Hunden im Tempel sah. Der Hund wusste natürlich nicht, was Spiegelbilder sind und hielt sie für echte Hunde. Er bekam Angst, sträubte das Nackenfell, knurrt fruchtbar und fletschte die Zähne. Als er sah wie wütend die vielen Hunde waren, hasste er sie. Doch es waren zu viele, um gegen sie zu kämpfen. So lief er voller Panik aus dem Tempel und fühlte sich bestätigt, dass die ganze Welt nur aus knurrenden, gefährlichen und bedrohlichen Hunden besteht. Einige Zeit später erklomm ein anderer Hund den Tempelberg. Er ging neugierig durch die Pforte. Als er die vielen Hunde im Inneren sah, war er verwundert und erfreut. So viele Artgenossen zum Spielen! Er schaute fröhlich und begann mit dem Schwanz zu wedeln. Sogleich wedelten Tausende von Hunden auch mit ihren Schwänzen. Er war begeistert und blieb noch lange im Tempel, um mit ihnen fangen zu spielen. Und so verliess er den Tempel mit der Überzeugung, dass die Welt voller netter und freundlicher Hunde ist, die ihm wohlgesonnen sind. Die Weisheit, dass vieles vom eigenen Verhalten auf einen zurückfällt, gibt es in allen Kulturen. Im Matthäusevangelium formulierte es Jesus so: „Alles nun, was ihr wollt, das euch die Leute tun, das tut auch ihnen.“
Michaele Madu, Katholische Pfarrei Volketswil
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