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Die Biodiversitätsinitiative umsetzen

Erstellt von Majken Grimm | |   Unsere Zeitung

Vergangenes Jahr stiess die Biodiversitätsinitiative bei der Gemeindeversammlung auf grosse Zustimmung. Nun setzen die Projektleitenden die ersten Naturschutzmassnahmen um. Zu Besuch auf einer Baustelle.

Versteckt hinter einer hohen Hecke steht ein Bagger und hebt die letzte von drei Vertiefungen aus. Es regnet, und um die Wiese nicht zu beschädigen, musste Urs Sägesser neue Bodenschutzplatten kaufen, auf denen der Bagger vorfahren konnte. Zusammen mit den beiden Mitarbeitenden seines kleinen Familienbetriebs baut er im Erdbeerirain, einer Lichtung in der Nähe des Schützenhauses, neue Teiche. Noch 2015 tummelten sich hier Frösche, Molche und Libellen, doch der alte Lehmteich trocknete dauerhaft aus. Darum soll nun Ersatz her.

Nach der Aufwertung einer Hecke in Gutenswil mit verschiedenen einheimischen Sträuchern sind die Teiche das zweite grössere Projekt, welches im Rahmen der Biodiversitätsinitiative umgesetzt wird. Im Juni 2023 nahm die Gemeindeversammlung die Initiative der grünen Ortspartei und des Naturschutzvereins IGLU Volketswil mit hoher Zustimmung an. Mit 350 000 Franken sollen Naturschutzmassnahmen finanziert werden, für welche sonst das Geld fehlt. Dabei entschied sich die Gemeindeversammlung für den ambitionierteren der beiden vorgeschlagenen Zeitpläne – bis Ende 2026 soll alles umgesetzt sein.

Verschiedene Amphibienarten

Bei der Baustelle treffen sich der Naturschutzbeauftragte René Gilgen, Gemeinderat und Hochbauvorstand Marcel Egloff sowie Michèle Bättig, Bereichsleiterin Energie und Umwelt. Als Teil der Projektleitung der Biodiversitätsinitiative wollen sie sehen, wie das Vorhaben voranschreitet.

Urs Sägesser und seine Kollegen kleiden die neuen Teiche mit Folie aus, um ein erneutes dauerhaftes Austrocknen zu verhindern. «Durch den Klimawandel gibt es immer längere Trockenphasen», erklärt Gilgen. «Wenn sie zu lang werden, entstehen Risse im Lehm. Das kann man unter diesen Bedingungen nicht mehr abdichten, man muss die Teiche sanieren.» Eine solche Trockenphase im Jahr 2018 wurde dem alten Teich zum Verhängnis.

Dass nun aus einem Teich drei werden, liegt an den individuellen Bedürfnissen verschiedener Amphibienarten. Der mittlere Teich ist am tiefsten. Er ist für konkurrenzstarke Arten wie Wasserfrosch, Grasfrosch und Erdkröte vorgesehen. Die beiden flacheren Teiche werden zeitweise kein Wasser enthalten – ein Abfluss wird nachhelfen, falls sie nicht auf natürliche Weise trocken fallen.

So entsteht Lebensraum für konkurrenzschwache Arten wie Gelbbauchunke, Laubfrosch und Kreuzkröte. Diese meiden Teiche, in welchen sich Fressfeinde wie Molche und Libellenlarven etabliert haben. Die vorübergehende Trockenlegung setzt den Konkurrenzdruck wieder auf null zurück.

«Früher konnten diese Amphibien gut in den Flussauen leben», erzählt Gilgen. «Dort entstanden von Natur aus immer wieder neue Teiche, welche dann wieder austrockneten. Jetzt sind die Flüsse reguliert und es gibt diese Dynamik nicht mehr.»

Zudem hat der Mensch in den vergangenen 100 Jahren rund 90 Prozent der Schweizer Moore zerstört und damit gingen auch die meisten Kleingewässer verloren. «Darum müssen wir jetzt künstlich Lebensraum schaffen», so Gilgen.

Zahlreiche Projektideen

Das übergeordnete Ziel der Biodiversitätsinitiative ist es, den Anteil der ökologisch wertvollen Flächen im Gemeindegebiet zu erhöhen und deren Qualität und Vernetzung zu fördern. Die Teiche im Erdbeerirain sind eines von 77 Projekten, welche eine Arbeitsgruppe hierfür zusammenstellte. Teil dieser Arbeitsgruppe sind Vertreterinnen und Vertreter diverser Interessensgruppen, vom Naturschützer, Förster, Jäger und Landwirt bis hin zu Gemeindemitarbeiterinnen in den Bereichen Hoch- und Tiefbau sowie Liegenschaften und Schule. Ein Kernteam sortierte die vorgeschlagenen Projekte anschliessend nach Prioritäten, basierend auf Wirkung und Machbarkeit. Unter den Ideen sind etwa die Förderung von Eichen und Orchideen im Wald oder die Bereitstellung von Wildblumensamen für Buntbrachen im Landwirtschaftsgebiet. Es sind mehr Ideen, als umgesetzt werden können.

«Mit allen Projekten von Priorität Eins schöpfen wir den Rahmenkredit vollständig aus», sagt Marcel Egloff. «Für gewisse Projekte können wir vom Kanton zusätzliche Beiträge bekommen. Wenn wir den Rahmenkredit deswegen nicht ausschöpfen, folgen Priorität zwei und drei.» Welche Projekte konkret umgesetzt werden können, hängt auch davon ab, ob die Grundeigentümer zusagen. Neben der Aufwertung von Flächen durch die Gemeinde ist es den Projektleitenden auch wichtig, den Volketswilerinnen und Volketswilern aufzuzeigen, was sie selbst tun können.

Naturnahe Gärten mit Blumenwiesen, Hecken aus einheimischen Sträuchern, Ast- und Steinhaufen und anderen Strukturen bieten ein Netz an wertvollem Lebensraum im Siedlungsgebiet. Gewisse exotische Pflanzen dagegen, sogenannte invasive Neophyten, schaden den einheimischen Arten und sollten entfernt werden. Auf einer neuen Unterseite der Gemeindewebsite sind Informationen über Biodiversitätsförderung und Neophyten zusammengestellt.

Erste Bewohner im Frühling

Urs Sägesser und seine Kollegen bedecken die Teichfolie mit Kies und Lehm und legen einzelne Wurzelstöcke darauf. Unter diesen können sich die Kaulquappen vor dem Graureiher verstecken. Mit Wasser füllen werden sich die Teiche durch den Regen von selbst. Der Standort des Erdbeerirains ist günstig, denn im nahen Umfeld der Trockenwiese am Waldrand gibt es mehrere andere Teiche, in denen Amphibien leben. René Gilgen rechnet damit, dass schon nächsten Frühling die ersten Molche, Frösche und Kröten einziehen werden.

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