Der Mangel an Sonderschulplätzen besteht im Bezirk Uster schon seit vielen Jahren. Was bedeutet ein solcher Mangel für eine Schulgemeinde wie Volketswil und an welchen Sonderschulplätzen mangelt es besonders?
Raffaela Fehr: Der Mangel an Sonderschulplätzen besteht vor allem für Kinder, welche eine kognitive Beeinträchtigung aufweisen. Sie benötigen eine heilpädagogische Sonderschule. Solche Schulplätze bietet zurzeit im Bezirk Uster nur gerade die Heilpädagogische Schule Uster an. Diese ist überlastet und hatte zwischenzeitlich auch einen Aufnahmestopp. So muss oftmals auf Sonderschulen in anderen Bezirken ausgewichen werden. Aber auch dort gibt es einen Mangel an Plätzen für Kinder mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Für Kinder aus Volketswil bedeutet dies, dass sie unter Umständen lange auf einen Sonderschulplatz warten müssen und in der Zwischenzeit in die Regelklasse integriert oder im Ausnahmefall sogar einzeln beschult werden müssen. Die jetzige Situation ist für alle Beteiligten unbefriedigend – für die betroffenen Kinder und Eltern, die Regelklasse und die Lehrpersonen.
Der Bezirk Uster mit rund 140 000 Einwohnern hat nur gerade zwei sogenannte Tagessonderschulen – beide sind in Uster angesiedelt (HPS Uster und Schule Momo). Von diesen beiden bietet nur die Heilpädagogische Schule Uster 77 Schulplätze für Kinder mit einer geistigen Beeinträchtigung an. Der Bezirk Hinwil hingegen ist mit rund 100 000 Einwohnern bevölkerungsmässig kleiner, hat aber vier Tagessonderschulen und Schulheime mit insgesamt 114 solcher HPS-Sonderschulplätze. Wie kommt es zu dieser ungleichmässigen Verteilung?
Für die Versorgungsplanung ist der Kanton Zürich verantwortlich. Die Verteilung ist sicherlich ein Stück weit historisch gewachsen; zudem werden die Plätze auf Versorgungsregionen aufgeteilt, diese entsprechen nicht immer den Bezirksgrenzen. Bislang wurden bei bestehenden Sonderschulen oftmals Plätze ausgebaut, nun stösst man aber auch dort auf eine Wachstumsgrenze. Kommt hinzu, dass es beim Kanton einen Paradigmenwechsel hin zu einer wohnortnahen Versorgung durch heilpädagogische Schulen gibt.
Warum baut der Kanton diese Plätze im Bezirk Uster nicht selber aus?
Es ist nicht vorgesehen, dass der Kanton selber Träger von Sonderschulen ist. Daher ist er auf die Kooperation mit Gemeinden und privaten Trägern angewiesen. Hierfür bedarf es deshalb neuer Träger für Sonderschulen, um den unumgäng- lichen Ausbau im Bezirk Uster zu ermöglichen. Die Schulgemeinde Volketswil ist daher proaktiv auf den Kanton zugegangen, um einen Beitrag zur Behebung dieses Missstandes zu leisten.
Die Schulgemeinde Volketswil nimmt hier also Verantwortung wahr und will helfen, den Mangel an heilpädagogischen Sonderschulplätzen zu beheben. Welche finanziellen Kosten kommen bei einer Annahme der Vorlage am 24. November auf die Schulgemeinde und die Steuerzahlenden zu?
Grundsätzlich ist von einer vollständigen Refinanzierung aller Kosten durch den Kanton auszugehen. Gemeinden sind verpflichtet, kommunale Sonderschulen als Eigenwirtschaftsbetrieb zu führen, da die Sonderschulplätze vom Kanton über zwei Pauschalen finanziert werden – diese setzen sich zusammen aus einer Immobilien- und einer Fallpauschale. Allfällige Überschüsse oder Verluste müssen auf ein Ausgleichskonto im Eigenwirtschaftsbetrieb vorgetragen werden und beeinflussen damit die Rechnung der Schulgemeinde Volketswil nicht.
Am 24. November wird noch nicht über ein konkretes Bauprojekt abgestimmt, sondern über den Grundsatzentscheid, ob die Stimmberechtigten der Gründung und dem Betrieb einer Heilpädagogischen Schule Volketswil als Eigenwirtschaftsbetrieb zustimmen möchten.
Es ist eine richtungsweisende Abstimmung, welche auch die Weichen für einen möglichen HPS-Neubau stellt. Das «Ja» an der Urnenabstimmung ist wichtig, um im Bezirk Uster den mangelnden Sonderschulplätzen entgegenzuwirken. Erfreulicherweise hat die Schulgemeindeversammlung vom 19. August 2024 das Geschäft zuhanden der Urnenabstimmung vom 24. November einstimmig zur Annahme empfohlen. Auch die Rechnungsprüfungskommission spricht sich für eine Annahme aus.
Nach einem Ja am 24. November, wie geht es weiter?
Die HPS Volketswil soll gestaffelt ab dem Schuljahr 2025/26 sukzessive aufgebaut werden. Im Schuljahr 2025/26 soll mit zwei Klassen gestartet und danach in zwei weiteren Etappen auf insgesamt sieben Klassen aufgestockt werden. Dies entspricht den vom Kanton bewilligten 42 Schulplätzen. Aufgrund des fehlenden Schulraums muss in den ersten Jahren auf angemietete Räumlichkeiten ausgewichen werden. Voraussichtlich ab Schuljahr 2029/30 soll die HPS Volketswil dann in einem Neubau auf dem ehemaligen Sportplatz bei der Schulanlage Lindenbüel in Betrieb gehen. Der Baukredit für einen HPS-Neubau wird den Stimmberechtigten mit einer separaten Vorlage zur Abstimmung vorgelegt. Dies wird zirka im Sommer 2027 der Fall sein.
Kommentare (1)
honegger.ph@gmail.com
am 12.11.2024