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Gedanken zum Lehrermangel

Erstellt von Vroni Harzenmoser, Volketswil | |   Unsere Zeitung

Es ist seit Jahren das alte Lied: Vor den Sommerferien fehlen auf allen Stufen x Lehrpersonen. Bei Schul­beginn meldet das Volksschulamt voller Stolz: «Wir konnten alle freien Stellen besetzen!» Die Frage ist nur, mit welchen Leuten – aber das will ja niemand so genau wissen. Die hohen Fluktuationen in der Lehrerwelt werden kaum hinterfragt. Diesen Sommer kommt es noch dicker.

«Alle Stellen besetzt» wird es auch diesmal wieder heissen. Der eklatante Lehrermangel soll nun sogar mit «unkonventionellen Ideen» egalisiert werden. Die Kinder werden betreut, behütet, kontrolliert sein – die Eltern haben ihren ruhigen Alltag zurück. Was solls. Wichtig ist, die Kinder gehen in die Schule – zu wem auch immer. Fragt sich nur, wie der viel gelobte Lehrplan mit seinen hehren Zielen mit diesen Mitteln erreicht werden soll, wenn plötzlich Männer und Frauen ohne Ahnung von Didaktik und Methodik und ohne erziehungswissenschaftlichen Hintergrund unsere Kinder «unterrichten» werden. Wo ist der Aufschrei der Eltern? Wo ist das Veto der Schulpflegen? Schule ist kein Kinderhütebetrieb, sondern ein Ort des Lernens mit klarem Bildungsauftrag. Hätte ich noch Kinder im schulpflichtigen Alter, ich würde mich nach Kräften gegen solche Machenschaften der Schulverantwortlichen wehren. Die Schreibtischtäter auf dem Volksschulamt treten vier bis sechs Semester Ausbildung in den pädagogischen Hochschulen auf übelste Weise mit Füssen. Der Lehrerberuf verliert noch mehr an Image, Bedeutung und Ansehen. Wen wundert es, dass bei so geringer Wertschätzung und nun auch noch durch Einsatz von pädagogisch Ungelernten zu wenig gute Lehrpersonen zu finden sind? Unsere Bildungsdirektorin sieht schon seit Jahren keinen Handlungsbedarf – es laufe ja eh alles bestens. An dieser Stelle wären starke Schulpflegen gefragt, die sich mehr an die Front bewegen, anstatt sich zahlenmässig reduzierend immer mehr Abstand vom täglichen Geschehen in den Klassen zu nehmen, und den «Bettel» lieber dem Leiter Bildung und den Schulleitungen überlassen. Schule pflegen heisst genau hinschauen und handeln. Aus der Ferne geht das schlecht. Ich würde mir auch wünschen, dass vor wichtigen, den Schulalltag betreffenden Entscheiden die Lehrermeinungen eingeholt würden. Der Druck auf die pädagogischen Hochschulen und das Volksschulamt muss meines Erachtens massiv erhöht werden. Die Letztsemestrigen der PHs sollen in Zeiten wie diesen die freien Stellen besetzen dürfen und ihre fehlenden Module nachholen können. Das wäre mit etwas Flexibilität der Hochschulen möglich. Einerseits bringen die schon fast fertig ausgebildeten jungen Leute sehr viel Motivation, Leistungsbereitschaft und Können mit, und andererseits freuen sich die meisten darauf, endlich eine eigene Klasse führen zu dürfen. Ich habe viele Jahre die schulpraktische Ausbildung der Lehrerstudenten begleitet. Mit ihren Mentoren oder altgedienten und pensionierten Lehrpersonen an ihrer Seite ist dies absolut machbar. Die Mentoren müssten für ihren ansehnlichen Lohn halt ein bisschen flexibler werden und dürften endlich wieder einmal mehr Frontluft schnuppern – was ihnen und ihrer Arbeit gewiss guttun würde. Jedenfalls kann es nicht sein, dass Krethi und Plethi vor die Klassen gesetzt werden und Lehrpersonen auch noch unausgebildete Frischlinge coachen und deren Probleme lösen müssen. 

Vroni Harzenmoser, Volketswil, ehemalige Volksschullehrerin und Praxislehrperson an der PH Zürich

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