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Gut gemeint ist nicht gut gemacht

Erstellt von David Fischer, Volketswil | |   Unsere Zeitung

Typisch zu unserem Zeitgeist passend wird auch bei den anstehenden Abstimmungen zu den zwei Agrarinitiativen kräftig moralisiert, Angst verbreitet und gespalten. Glaubt man den Massenmedien und gewissen Aussagen aus der Gesellschaft, so ist nicht nur unser Trinkwasser verseucht, so sind auch die Schweizer Landwirte anscheinend zu Bauernverband- und Chemieindustrie-untertänigen Umweltverschmutzern verkommen.

Diesen unaufgeklärten Ansichten aus Gutmenschlichkeit zu übernehmen und für sauberes Trinkwasser zu votieren, ist bequem. Der Angriff auf die Landwirtschaft ist für die Verbindung der urbanen Schweiz und ihrer ländlichen Regionen jedoch fatal. Vielen Menschen ist nicht bewusst, auf welch hohem, nach Ökologie ausgerichteten Niveau sich die schweizerische Landwirtschaft bereits befindet. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sowie der Futterzukauf sollen mit der Trinkwasserinitiative verboten und nach einer Übergangszeit die Direktzahlungen nur noch an entsprechende Betriebe ausbezahlt werden. Der Zwang zum Bioland Schweiz würde die hiesige Produktion abwürgen. Nur noch wenige Betriebe würden unter diesen Umständen Produkte für die Regale rentabel produzieren können. Die Alternative sind Import oder Produkte von Landwirten, die unter diesen Umständen aus dem Direktzahlungssystem aussteigen und nach Mindeststandard und somit weitestgehend unkontrolliertem Pflanzenschutzmitteleinsatz produzieren würden. Die Pestizidinitiative will hingegen ein Verbot aller synthetischen und biosynthetischen Pflanzenschutzmittel, was auch den Biolandbau massiv beeinträchtigen würde. Da dieses Verbot nur für Schweizer Landwirtschaft sowie den gewerblichen Import gelten würde, nicht aber für den ökologisch unsinnigen Einkaufstourismus, so wäre auch dadurch ein Rückgang der inländischen Produktion die Folge.

Zum Leserbrief von Daniel Steiger in den «Volketswiler Nachrichten» vom 30. April 2021: Ihr Empfinden als Tatsache auszulegen und die Landwirte derartig abzuwerten, akzeptiere ich nicht. Der Vergleich der Kampagnen zur Konzernverantwortungsinitative und den beiden anstehenden Initiativen ist unsinnig. Und weshalb bitte sollen die Landwirte manipulierbar sein und der «aufgeklärte Stimmbürger» wiederum nicht? Gemäss «Kassensturz» vom 7. Mai 2019 wussten übrigens 47 Prozent der «aufgeklärten Stimmbürger» nicht, dass auf Gehwegen und Plattenboden keine Herbizide eingesetzt werden dürfen. Hoffentlich sind es heute mehr. Pflanzenschutzmittel im Hobby­bereich, Antibiotika -und Hormonrückstände von Medikamenten müssen im Bezug auf sauberes Trinkwasser intensiver thematisiert werden. Die Grenzwerte für sämtliche Pflanzenschutzmittel und ihre Abbauprodukte hingegen sind so hoch angesetzt, dass noch nicht mal eine 100-fache Überschreitung eine Relevanz für die menschliche Gesundheit hat. Die Schweiz ist auf einem guten Weg und konnte, trotz einer Million mehr Menschen im Land, während der letzten zehn Jahre die Trinkwasserqualität erhalten. Der Einsatz von Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft ist in den letzten 10 Jahren um 40 Prozent zurückgegangen, auch der Antibiotikaeinsatz in der Landwirtschaft ist massiv zurückgegangen. Jährlich werden umweltfreundlichere Schutzmittel zugelassen und veraltete Produkte aus dem Sortiment genommen, gar verboten. Die Feldspritzen jedes direktzahlungsberechtigten Landwirts werden jährlich auf Dichtheit geprüft und zertifiziert. Die Lagerung der Pflanzenschutzmittel ist streng vorgeschrieben. Die Liste der Argumente ist lang, kein Wunder, werden beide Initiativen auch durch den Bundesrat und das Parlament abgelehnt. Gut gemeint ist nicht gut gemacht, und so wären die Folgen der Annahme einer der beiden Initiativen katastrophal für die schweizerische Landwirtschaft. Im Sinne gesunder Lebensmittel aus inländischer Produktion: Nein zu den extremen Agrarinitiativen. 

David Fischer, Landwirt, Volketswil

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