Doch dann kamen die „heissen“ Fragen: Was wünschst du dir für die Zukunft? Was magst du denn mal mit deinem Leben anfangen? Weiss du das schon? Es folgte erst betretenes Schweigen, dann ein zögerliches “Weiss nöd“ „Weiss nöd“ brannte sich in mein Hirn und es fing an zu arbeiten: Ist das normal? Haben Jugendliche heute denn keine Träume mehr?“ Fakt ist, dass die heutige Jugend grossen Herausforderungen ausgesetzt ist. Alles ist im Fluss, die einzige Konstante scheint die Veränderung zu sein. Schon von Kindertagen an stehen viele Jugendliche ständig unter dem Druck „Leistung zu bringen“ zu müssen, um in einer schnelllebigen, stark leistungsorientierten Gesellschaft bestehen zu können.
Digitale Flexibilität durch Smartphones und Internet beeinflussen nachhaltig unser Kommunikation- und Unterhaltungsverhalten. Neben vielen Vorteilen birgt diese Entwicklung aber auch viele Unsicherheiten in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt. Zudem bedeutet „always on“ zu sein zusätzlichen Stress. Hinzu kommen wachsende Verunsicherung und Ängste in Bezug auf Globalisierung, Klimawandel, Gesundheits- und Altersvorsorge und, und, und … Jugendliche sagen von sich: „Wir sind eine schwer verunsicherte Generation“, so berichtet die Jugendforscherin Beate Groβegger. Wo ist in einer von vielen Unsicherheiten, Leistung, Druck und Stress geprägten Welt noch Platz für Träume? Im vergangen Herbst fand in Rom eine, von Papst Franziskus einberufene, Jugendsynode statt. Im Vorfeld der Synode forderte Franziskus alle Jugendlichen auf, Wünsche und Träume für ihr Leben und ihren Glauben einzubringen.
Zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche wurde Jugendlichen ehrlich zugehört. Ihre Anliegen wurden ernst genommen und sie haben sich geöffnet und von ihren Wünschen und Träumen erzählt. Sicherheit, Stabilität und Erfüllung mit diesen drei Schlagworten lassen sie sich zusammenfassen. Jugendliche sehnen sich nach stabilen Beziehungen, Erwachsenen, die zuhören und sie begleiten. Sie träumen von einer Welt des Friedens, der ganzheitlichen Ökologie, die mit einer nachhaltigen, globalen Wirtschaft im Einklang steht und einer Welt, in der Mann und Frau in allen Lebensbereichen völlig gleichberechtigt sind. Es sind, wie Papst Franziskus es nennt, „grosse Träume“. Weiter formuliert er, „die grossen Träume sind inklusiv und beziehen die anderen mit ein, sie richten sich nach auβen, sie teilen, sie bringen neues Leben hervor“. Es wäre also vermessen aus dem Schweigen meiner Tochter abzuleiten, dass ihr die Träume fehlen, wahrscheinlich war sie von den Fragen ihres Lehrers einfach nur „überfahren“.
Kommentare (1)
w.klee@2wire.ch
am 01.03.2019"Jugendlichen wurde aufmerksam zugehört, ihre Anliegen wurden ernst genommen".
Wenn Jugendliche dieserart Wertschätzung erfahren, zeigt sich, dass sie durchaus interessiert und auch fähig sind, sich ihre künftige Welt nach ihren Ideen vorzustellen, sei es im Kleinen (zB. Velo-Reparaturen für Zweilinkhänder organisieren, Dessert-Plausch für alle Alterskategorien anzubieten etc. etc.) oder im Grossen, also etwa eine friedliche, gerechte und nachhaltig funktionierende Welt, die ihnen ihre Bedürfnisse zu erfüllen vermag (durchaus nach Maslow: Bedürfnis nach existenzieller und physischer Sicherheit, sozialen Kontakten und Wertschätzung sowie auch Selbstverwirklichung im Sinne von Realisierung ihrer Träume).
Wenn wir nun feststellen, dass Jugendliche von einer Frage nach ihrer Zukunft und ihrer Vorstellung ihres Lebens "überrascht" reagieren, dann können auch wir "Älteren" daraus einiges lernen :
Haben wir vielleicht die Jugendlichen zu wenig motiviert, über diese Fragen nachzudenken und uns dann ihre Antworten auch wissen zu lassen ?
Oder haben wir vielleicht einfach diesen Jugendlichen zu wenig gezeigt, dass auch wir interessiert und auch empfänglich sind für ihre Vorstellungen ihres Lebens in unserer gemeinsamen Welt - also ein gegenseitiges Kommunikationsproblem, das doch sicherlich gemeinsam gelöst werden kann.
Wie immer man zu Papst Franziskus auch stehen mag: seine Aufforderung zum Nachdenken und sich outen an die Jugendlichen aller Welt war ein Schritt in eine gute Richtung.