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Lebensraumarchitekt am Guntenbach

Erstellt von Toni Spitale | |   Unsere Zeitung

Volketswil hat seit Sommer des vergangenen Jahres einen neuen Bewohner. Er trägt einen Pelz, kann bis zu 30 Kilogramm schwer werden und ernährt sich ausschliesslich vegetarisch. Mit der Biologin Caroline Nienhuis stiessen die VoNa ins neue Biberrevier am Guntenbach vor.

Die Zahnspuren an einer gefällten Birke, der Damm aus aufgeschichteten Ästen und der versteckte Eingang in die Uferböschung lassen keine Zweifel offen: Hier ist ein fleissiges Nagetier am Werk. «Seit Sommer 2021 ist der Guntenbach ein Biberrevier», bestätigt Caroline Nienhuis. Die Biologin gehört zum dreiköpfigen Team der Biberfachstelle des Kantons Zürich, welche im Auftrag der Fischerei- und Jagdverwaltung ein «Bibermanagement» führt und die Verbreitung dieser geschützten Tierart genau beobachtet. Im jüngsten Monitoring-Bericht wird der Gesamtbestand auf 479 Exemplare geschätzt. Die Reviere sind hauptsächlich im nördlichen Kantonsgebiet entlang der Thur, der Töss und des Rheins angesiedelt. Dass der Biber nun auch weiter südlich bis ins Glattal vorgestossen ist, führt die Expertin auf einen Verdrängungskampf unter den einzelnen Familienverbänden zurück. «Da die besten Plätze an den Hauptgewässern bereits besetzt sind, stellen wir in jüngster Vergangenheit eine zunehmende Population an Nebengewässern, wie zum Beispiel hier in Volketswil, fest.»

Ob der Guntenbach-Biber alleine oder mit einer Partnerin im Revier lebt, kann Nienhuis nicht mit Bestimmtheit sagen. Gesehen hat sie das Tier respektive die Tiere noch nie. Auch gibt es noch keine Spuren, die auf allfällige Jungtiere hinweisen. Fakt ist aber, dass diese Spezies von Säugetieren Vegetarier sind, sich im Sommer von bis zu 600 Kräutern und im Winter von Baumrinden und Knospen ernähren. Um an die Knospen zu gelangen, werden Bäume und Büsche durch die scharfen Zähne gefällt. «Biberaktivitäten werden deshalb besonders in den Wintermonaten wahrgenommen.» Auch entlang des Guntenbachs sind schon ein paar Bäume dem schweizweit grössten Nager zum Opfer gefallen. An verschiedenen Stellen hat das Team der Fachstelle die Bäume mit 1,2 Meter hohen Drahtgeflechten geschützt – aus Sicherheitsgründen, damit sie nicht angenagt werden und auf das Trassee des Industriegleises respektive auf benachbarte Parkplätze fallen.

Meteorwasser gestaut

Konflikte und Probleme zu lösen, welche die Tiere verursachen, gehört auch zu den Auf­gaben der Fachstelle. Bei einem Vorkommnis musste sogar die Gemeinde um Hilfe gebeten werden. Nienhuis zeigt auf einen grossen Damm, der im Bachabschnitt zwischen der Hofwiesenstrasse und der Bauarena liegt. Das Meteorwasser aus den angrenzenden Grundstücken konnte wegen des Baus nicht mehr abfliessen und staute sich. Die Gemeinde hat nun an der entsprechenden Stelle ein grosses Abflussrohr gelegt. Mit der Lösung ist die Expertin zufrieden: «Dadurch kann der Lebensraum des Bibers erhalten bleiben.»

Aber warum errichtet der Biber überhaupt Dämme? Einerseits schütze er dadurch seinen Bau, in dem er lebe. Andererseits könne er sich auf dem Weg zu verschiedenen Nahrungsplätzen geschützt im Wasser fortbewegen, klärt die Biologin auf. Der Nutzen, den die Tiere der Natur bringen, überwiege aber die Probleme, welche sie verursachten. Durch das Fällen der Bäume zum Beispiel bringe der Biber Licht in die Wälder und schaffe dadurch Raum für Neues. Von seinen lebensraumgestalterischen Tätigkeiten würden zudem viele weitere Tierarten wie Fische, Reptilien und Amphibien profitieren. Überall dort, wo sich der Biber niederlasse, explodiere die Biodiversität. «Der Biber», betont Nienhuis, «ist ein eigentlicher Lebensraumarchitekt, weil er zu den wenigen Tierarten gehört, die ihren Lebensraum selber gestalten.»

Für Menschen ungefährlich

Obwohl die Tiere bis zu 30 Kilogramm schwer werden können, seien sie für die Menschen ungefährlich. Da sie vor allem dämmerungs- und nachtaktiv seien, kämen Begegnungen eher selten vor. Zur Vorsicht ermahnt Nienhuis Hundehalter während der sogenannten Jungtieraufzuchtsphase, welche sich über die Monate Mai, Juni und Juli erstreckt. Sie rät davon ab, Hunde während dieser Zeit unbeaufsichtigt in Bächen schwimmen zu lassen. In der Vergangenheit sei es schon zu manchen unschönen und teils auch lebensbedrohlichen Angriffen durch Biber auf Vierbeiner gekommen.

Weitere Informationen zum Biber im Kanton Zürich findet man auch im Internet unter: www.biber-zh.ch

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