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"Nicht ein Heim, sondern ein Daheim"

Erstellt von Arthur Phildius | |   Unsere Zeitung

Es geht vorwärts mit dem neuen Pflegezentrum der Vita Futura AG: «Das Projekt ist herangereift und bereit für die Baueingabe», verriet CEO Olaf Toggenburger. Wie es sich entwickelt hat und wie der neue Spitex-Stützpunkt im alten Arbeitsschulhaus wird, zeigte ein sehr gut besuchter Infoabend auf.

Das war diesmal keine Phrase: «Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind!» Olaf Toggenburger, Geschäftsführer der Vita Futura AG in Gemeindebesitz, hatte recht: Fast alle 132 Stühle in der früheren Feuerwehrhalle an der Zentralstrasse 20a waren an jenem Donnerstagabend im April besetzt. Ähnlich wie schon bei der letzten Ausgabe im August 2017. Seither seien sowohl das 49-Millionen-Neubauprojekt als auch das auf eine Million veranschlagte Umbauprojekt «herangereift und bereit für die Baueingabe» geworden, verkündete Toggenburger zufrieden. «Das Geld dafür haben wir schon bereit» – ein Darlehen der Gemeinde Volketswil liefere 18 Millionen Franken, der Rest stamme von Bankhypotheken.

Die Nachfrage wächst stetig

Die wachsende und alternde Bevölkerung in Volketswil nannte er als Hauptgrund für die Investition. Zumal «ein grosser Teil der Bevölkerung» irgendwann an Alzheimer und anderen Formen von Demenz erkranke, die die Betroffenen zum Beispiel immer vergesslicher und orientierungsloser machen. Zudem sei auch die Spitex auszubauen: «Die Nachfrage steigt laufend» und erreiche rund 150 Betreute. All diese Bedürfnisse führten zu einer Baustrategie, um den Leistungsauftrag der Gemeinde Volketswil zu erfüllen. Die zwei Langhäuser mit den Alterswohnungen bleiben ebenso bestehen wie das bisherige Alters- und Pflegeheim (APH). Diesem soll ein Umbau 22 Wohnungen für «Wohnen mit Service» bringen. Verzichten werde man aber auf die Pflegewohnung im Riethof, um die Alterspflege künftig im Neubau unter einem Dach anzubieten. Das frühere Arbeitsschulhaus soll renoviert und zum Spitex-Stützpunkt ausgebaut werden.

Die Station wird zum Dörfli

Vor knapp zwei Jahren gewann das Architektenduo Christof Bhend und Barbara Schlauri aus Zürich den Architekturwettbewerb. Seither feilte das Planerpaar so an seinem Siegerprojekt «Alice», dass es seiner zentralen Leitlinie möglichst nahe kommt: «Uns ist wichtig, dass hier nicht ein Heim gebaut wird, sondern ein Daheim für ältere Menschen.» Dazu dienen sollen übersichtliche Gruppen im Innern. «Diese Vorgabe hat uns inspiriert», erklärten Schlauri und Bhend weiter. «Wir stellten uns vor, jede Station sei ein kleines Quartier, mit pro Stock vier Mal zwei ‹Wohnhäusern›.» Je zwei «Häuser» sollen eine sieben bis acht Seelen zählende Wohngruppe bilden, zwei solche Gruppen eine «Nachbarschaft» (A oder B). Endlos lange gerade Gänge wird man keine finden, eher kurze «Quartiergassen». Und zwischen A und B einen hellen «Quartierplatz», mit eigenen Ess- und Aufenthaltsräumen sowie Terrassen pro Nachbarschaft. Fast wie im Hotel, nur flexibler In der Regel wohnt man im Haus «Alice» in rund 16 Quadratmeter grossen Einzelzimmern. Deren Grundriss erinnert stark an solide Hotelzimmer. Jedoch hat es ausdrücklich Platz für einige eigene Möbel. Und zwischen Ehepartnern oder dicken Freunden lassen sich leicht Verbindungstüren einbauen. Das Geheimnis liegt in der einfachen Stützen- und Plattenkonstruktion. Das Ziel des Architektenpaares ist ein möglichst flexibles Gebäude: «Viele nicht tragende Elemente lassen spätere Veränderungen zu.»

Neue Heimat für Demente

Wer dement ist oder wird, zieht in ein speziell für ihn geplantes kleines Reich im nördlichen Parterre. Der geschützte Bereich hat Einzel- und Doppelzimmer, einen auf den «Honig im Kopf» abgestimmten Wohnbereich und einen eigenen Garten mit Wegschlaufe. Der kleine Ziegenzoo wird von der anderen Seite auch für Familien zugänglich sein und für etwas Kontakt mit der Aussenwelt sorgen. Lorenz Eugster hat den Aussenraum rundherum geplant. Kleiner und schlanker Zwar wird der Neubau fast doppelt so lang, einiges breiter und leicht höher als das APH gegenüber. Aber die Architekten haben tief in die «Trickkiste» gegriffen, damit der Neubau trotzdem nicht lang und klobig wirken wird. «Sondern es entsteht ein tailliertes Ensemble mit mehreren Strukturen. Seit dem Wettbewerb ist es auch kleiner und schlanker geworden», wussten Bhend und Schlauri Neues zu berichten. «Auf das Attikageschoss haben wir verzichtet.» Der Energiestadt Volketswil erhalten bleibt aber der Minergie-P-Standard: Kontrollierte Lüftung, «ein sehr gutes Dämmkonzept», mehrmals nutzbare Wärme und Solarzellen auf dem Dach nutzen die Energie lokal und sparsam.

Wie respektvoll, wie dunkel?

Der bereits ursprünglich geplante Verzicht auf lange, langweilige Fassaden führt zu einem «gestaffelten Gebäudekörper»: Allerlei Ecken und Winkel gliedern ihn. «Wir wollen den bestehenden Gebäuden respektvoll begegnen.» Da ging ein zweifelndes Raunen durch den Saal, das daraufhin aber in keine Frage dazu mündete. Jedoch befürchtete ein Fragesteller, die vorgefertigte Fassade mit Holzlatten werde bald derart düster daherkommen wie bei den vier Wohnblöcken zwischen Griespark und katholischer Kirche. «Es wird nicht die gleiche Farbe, die dunkler wird, wie bei den Gries-Blöcken», beruhigte Toggenburger. Schlauri versprach einen «städtischen, heimeligen Anblick», statt wie im Gries an eine sonnengegerbte Alphütte zu erinnern. Dies dank Tannenholz, das mit Pigmenten geölt werde und so seine Farbe dann fast beibehalten.

Wann hat es genug Lifte?

Beinahe dort, wo das Publikum sass, soll es dereinst in den Neubau gelangen, zu öffentlichen Räumen wie Coiffeur, Raucherraum oder Restaurant. Dessen Fenster lassen sich aufschieben und schon verbindet sich die öffentliche Gaststätte mit ihrer Gartenterrasse. Viele Publikumsfragen betrafen alle Arten von Verkehrstechnik. «Hat es genug Lifte im Neubau?», fragte eine Frau. «Was heisst ‹genug Lifte›?», fragte Toggenburger zurück. «Man hat eh immer Angst, zu wenige Lifte zu haben.» Er denke aber, zwei Personenlifte, ein Warenlift und ein Aufzug zwischen Parterre und 1. Stock für die Demenzabteilung genügten.

Eine Zufahrt genügt

Zwei weitere Gäste erkundigten sich nach den Zufahrten und der – heimlich reduzierten? – Zahl der Parkplätze. Toggenburger stellte klar: «Dies ist kein öffentliches Parkhaus.» Eigentlich dachte die Vita-Futura-Führung, der Betrieb käme mit etwas weniger Parkfeldern aus, doch die Gemeinde habe das abgelehnt. Rund hundert Parkplätze entsprächen den Vorgaben. Entgegen früherer Pläne bleibt es bei der bisherigen Zufahrt ins bisherige, aber zu erweiternde Parkhaus. Einen Gegenuhrzeiger-Verkehr via Austrasse liess man, zugunsten derer Anwohner und der einfacheren Orientierung, wieder fallen. Nicht aber der Grundsatz, dass der Platz zwischen den Gebäuden nur Fuss- und Veloverkehr ermöglicht. Ausser natürlich in Notfällen mit Blaulicht.

«Leute unverregnet einladen»

Oder im privaten Taxidienst für Gehbehinderte: Eine Frau bangte um ein Dach vor dem Haupteingang: «Kann ich dort Leute ein- und ausladen, ohne verregnet zu werden?» – «Ja, das kann man!», versicherte Schlauri lächelnd. «Sie können Ihre Leute unverregnet ein- und ausladen.» Wetter beim Ein- und Austritt hin oder her: «Ja», erwiderte Toggenburger einer Fragestellerin, «es wird auch Ferien- und Tagesplätze geben, aber sie werden nicht einer bestimmten Station zugeteilt.» Das erleichtere die Zuteilung. Die Nachfrage nach Tagesplätzen sei da, aber gering; anders bei den Ferienplätzen zur Entlastung der Angehörigen: «Letztes Jahr hatten wir 70 Austritte. Davon kehrte ein grosser Teil nach Hause zurück.»

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