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Semper Fidelis

Erstellt von Tarzisius Pfiffner, Pfarrei Bruder Klaus | |   Unsere Zeitung

Kennen Sie semper fidelis? Immer treu? Es ist das Motto des U. S. Marine Corps, der Marines, der Elitesoldaten. Es ist auch das Motto der Schweizer Grenadiere. Wenn ich das Wort «semper» höre, muss ich an meinen Lateinunterricht denken. Semper = immer. Mir gefällt das Wort.

Es gibt aber noch etwas, was mit «semper» zusammenhängt. Es ist der Name eines berühmten Architekten des 19. Jahrhunderts, Gottfried Semper. Er hat auch in der Schweiz Spuren hinterlassen. Er war Professor für Architektur an der ETH und baute in seiner Schweizer Zeit unter anderem die ETH (1860–1864) und das Stadthaus in Winterthur (1865–1869). Gottfried Semper wurde 1803 in Hamburg geboren, das damals noch zu Dänemark gehörte. Er studierte Mathematik, Geschichte und Architektur und kam 1834 nach Dresden. In der sächsischen Hauptstadt baute er die nach ihm benannte Semperoper (1838–1841). Diese brannte 1869 vollständig ab, und Manfred Semper, der Sohn von Gottfried, baute sie nach den Plänen seines Vaters wieder auf (1871–1878). Die 40er-Jahre des 19. Jahrhunderts waren damals in Deutschland eine unruhige Zeit. Deutschland im heutigen Sinne gab es nicht. Aber es liefen viele Bestrebungen, die verschiedenen Fürstentümer zu einem Staat zu vereinen. Zudem gärte es im Volk: Bürger und Arbeiter wünschten sich eine stärkere Beteilung bei der politischen Mitsprache. Auch der Architekt Gottfried Semper nahm an den Maiaufständen von 1849 teil. Er half den Aufständischen beim Bau und bei der Konstruktion von Barrikaden. Semper war ein politischer Mensch. Aufgrund seiner Beteilung an der Revolte musste er Dresden verlassen und wurde steckbrieflich gesucht. Sein Freund Richard Wagner floh zu dieser Zeit aus den gleichen Gründen von Dresden nach Zürich. Semper kam dann über Paris und London nach Zürich. Semper baute nicht nur Häuser und Paläste. Er interessierte sich auch für die sozialpolitischen Anliegen seiner Zeit. Wie sieht es heute mit den Architekten aus? Bauen sie einfach Häuser, oder bauen sie auch an einer neuen Gesellschaftsordnung? In der Schweiz haben wir ein ganz berühmtes Architekturunternehmen in Basel, Herzog & de Meuron. Sie haben in der Hauptstadt des Libanons das «Beirut Terraces» gebaut, ein Luxusappartement-Hochhaus. In diesen Wohnungen gibt es Maid-Rooms, Zimmer für Hausangestellte. Diese sind nicht einmal vier Quadratmeter gross und haben keine Fenster. Ist das menschenwürdig? Muss man Pläne von Auftraggebern zu 100 Prozent Folge leisten, oder gibt es beim Bau auch rote Linien, welche Architekten aufgrund von ihren Werten nicht überschreiten? Oder das «Bird’s nest», das Vogelnest, Leichtathletik- und Fussballstadion in Peking, erbaut für die Olympischen Sommerspiele 2008 in China. Ist es opportun, in einem autoritären Land wichtige Gebäude zu errichten, auch wenn dort die Menschenrechte mit Füssen getreten, Minderheiten wie Uiguren verfolgt und eingesperrt werden? Architekten sind Bauleute. Bauleute sind wir alle. Wir bauen an einer besseren Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die Platz für uns alle hat, nicht nur für wenige privilegierte. Unsere Werte, unsere Lebensvorstellungen sollen darin einfliessen. Schweizer Werte, christliche Werte. Lasst uns für unsere Werte einstehen, auch wenn es – wie bei Gottfried Semper – etwas kostet. 

Tarzisius Pfiffner, katholische Pfarrei Bruder Klaus

PS: Von 9. bis 13. September findet die Gemeindereise der reformierten und der katholischen Kirche von Volketswil nach Dresden statt.

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