In Volketswil eine neue Heimat gefunden
Ein Viertel der Volketswiler Bevölkerung sind Menschen aus über 110 Nationen. Viele von ihnen wollen für immer hier Wurzeln schlagen und wünschen sich eingebürgert zu werden. „Bürger oder Bürgerin zu werden und damit auch den roten Schweizer Pass zu erhalten erfordert einiges an Einsatz und Durchhaltevermögen“, hat die Autorin Evi Dingetschweiler während ihrer Recherche festgestellt. In ihrem Beitrag beleuchtet sie das Verfahren im Detail und hat sich mit der Familie Taylor aus Manchester (UK) getroffen, die alle erforderlichen Prüfungen für die Einbürgerung in Volketswil auf Anhieb bestanden hat.
Das Gefühl nicht zu Hause zu sein
Martin Zollinger erzählt die wahre Lebensgeschichte der beiden Ungaren Janka Süli und Lajos Kövèr, die während des Volksaufstandes im Jahr 1956 in den Westen flüchteten und sich nach Aufenthalten an verschiedenen Orten in Uster kennen und lieben lernten. Im April 1973 folgte der letzte Umzug nach Volketswil ins Sunnebüel-Quartier. Was ihnen lange verwehrt blieb, waren Reisen ins nahe Ausland oder ins 900 Kilometer entfernte Heimatland Ungarn, denn ihre Reisedokumente waren nicht mehr anerkannt. Dieses Gefühl der Heimatlosigkeit habe das Ehepaar über mehrere Jahre beschäftigt, schreibt Zollinger. Sie hätten sich war optimal in der Schweiz integriert, doch das Heimweh sei geblieben.
Voletschwyler Lied
Fürs Chränzli 1977 veranstaltete das überregional bekannte „Chörli“ unter der musikalischen Leitung von Werner Schneider einen Wettbewerb. Es sollten Lieder getextet und komponiert werden mit Bezug zur Gemeinde. Der erste Platz ging an Ursula Hasler für ihr Voletschwyler Lied, wie sich Tom Neukom erinnert. Ihr mit Schalk und Wortgeschick gespicktes Werk wurde damals zu so etwas wie einer Kommunalhymne erkoren, wie der „Brückenbauer“ im Dezember 1977 schrieb. Der Lied-Refrain hat auch heute – 42 Jahre später – noch nichts an Aktualität eingebüsst: „Zimike, Hegnau, Volketswil, Guetschweil und Chinhuse, di einte sind zum Läbe da, di andre nur zum Pfuse...“
Historisches und Heraldisches
Evi Dingetschweiler hat in den Archiven gegraben und die Entwicklung der Namen der fünf Dorfteile über die Jahrhunderte bis zur heutigen Form nachgezeichnet. So hiess Hegnau im 13. Jahrhundert Hegenowe, Volketswil Folkiswiler und Kindhausen Kinthusen. Zimikon trat im Jahr 1210 als Zimichon in Erscheinung und Gutenswil trug bei der Ersterwähnung den adligen Namen Guotoltswilare, was Hof des Guotolt bedeutete. Ausserdem befasst sie sich die Autorin in ihrer historischen Auflistung mit der Herkunft der Wappen. Ausser Kindhausen, das auf Wunsch des dortigen Schützenvereins erst 1945 ein offizielles Wappen schuf, besass beim Zusammenschluss der fünf Dörfer im Jahr 1932 jeder Ortsteil bereits sein eigenes Wappen.
Was uns wegzieht
„Was und wo ist Heimat?“ Doris Bruno-Brauchli hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie es gelingt, ein neues Umfeld und Zuhause zu schaffen sowie das Gefühl zu finden, angekommen zu sein. Es habe vielleicht damit zu tun, dass Heimat nicht nur vom Ort abhängig sei, sondern viel mit Wahrnehmungen und Empfindungen zu tun habe, wie man Gleichgesinnte finde, Beziehungen aufbaue und Freundschaften pflege, resümiert die Autorin, welche die letzten 25 Jahre mit ihrer Familie in Volketswil verbrachte. Dabei blickt sie im Detail auch auf Stationen aus in ihrem eigenen Leben und derer ihrer Eltern.
Hegnau 2020
Im Rahmen der Abendunterhaltung des Gemischten Chors Hegnau im Jahr 1996 wurde ein Theater aufgeführt mit dem Titel „Hegnau 2020“. Tom Neukom wirkte damals als Schauspieler mit. Eine fiktive Arbeitsgruppe traf sich am Stammtisch auf der Wallberg-Bühne, um ein Gross-Hegnau zu planen. So sollte unter anderem ein 42. Stöckiges Regierungsgebäude entstehen mit Blick auf die „Hegnauer Goldmeile“, wie die Zentralstrasse künftig heissen sollte. Diese Hauptstrasse sollte gesäumt sein mit Sportplätzen, Einkaufszentren und einem Kulturzentrum. Aus heutiger Sicht kann man feststellen: So weit entfernt von der Realität war der Autor der Stücks, Max Frey, vor 23 Jahren gar nicht. Einiges aus der unterhaltsamen visionären Posse ist mittlerweilen tatsächlich Wirklichkeit geworden.
Von einer wahren Hegnauer Geschichte
1956 begann für Evi Dingetschweiler in Dietikon die vierte Klasse der Mittelstufe. Vor der Klasse stand am ersten Schultag der blutjunge, frisch gebackene Lehrer Robert Brügger aus Hegnau. Er habe immer wieder lustige Geschichte erzählt, darunter sei auch einen aus seinem Dorf gewesen: die Geschichte vom Guggu. Damals hatte die Primarschülerin keine Ahnung, in welchem Teil des Kantons Zürich sich Hegnau befand. Viele Jahre später zog sie nach ihrer Heirat in eben dieses Dorf in einem Wohnung im Sunnebüel. Da erinnerte sie sich wieder an diesen Hegnauer Schildbürgerstreich, der von verschiedenen Einheimischen von Mund zu Mund weitererzählt worden war.
Heimat ist ein grosses Wort
„Es gibt kein richtig und falsch, wenn man von Heimat spricht“, schreibt Rita Grob in ihrem Essay. Die allermeisten Erklärungen seien jedoch mit Emotionen verbunden. Bis ins Mitte des 19. Jahrhunderts sei der Begriff „Heimat“ ein rein nüchternes Wort gewesen, das ausschliesslich bürokartisch im Verfahren mit Polizei, Ämtern oder Notaren verwendet worden sei. Generell lasse sich der Begriff aber in vier verschiedene Aspekte unterteilen: räumliche, kulturelle, soziale sowie zeitliche Heimat. Heimat sei heute zu einem Trendbegriff geworden, wie die Autorin weiter ausführt: „Immer mehr Menschen fühlen sich von der Schnelllebigkeit überfordert und sehnen sich wieder nach mehr Beständigkeit, Nähe und Verbundenheit – nach Heimat.“ Auch die Musik- und Werbeindustrie bediene sich immer wieder am Begriff Heimat, um den Konsumenten ganz unmittelbar und sehr bewusst ein bestimmtes Klischee vor die Augen respektive an die Ohren zu führen.
Volketswiler Heimatkunde
In den 1990er-Jahren trug ein engagiertes Team von Lehrpersonen heimatkundliche Fakten, historische Gegebenheiten und Geschichten aus Volketswil zusammen. Entstanden ist ein umfangreiches Lehrmittel für die Schule. In klar strukturierten Kapiteln sind informationen zu Handen der Lehrpersonen und Bilder sowie Arbeitsunterlagen und Arbeitsblätter für die Kinder zusammengestellt.
Jakob Bersinger
„Der Nachwelt bleibt der Dichter als gütiger Mann mit einem grossen Einfühlungsvermögen in die Kinderwelt erhalten – Lehrer zu werden wurde ihm vom Vater leider verwehrt – und vor allem als Dorfpoet, der während fast fünfzig Jahren die Leser mit seinen Gedichten erfreut hat“, würdigt die Autorin Evi Dingetschweiler das kreative Schaffen von Jakob Bersinger, der 1962 im Alter von 80 Jahren verstarb. Ihre Kurzbiografie über den Volketswiler Dichter hat sie mit seinem Werk „D’Schuelerreis“ angereichert.
Volketswil Monopoly
Vor 34 Jahren zog Martin Zollinger nach Volketswil. Das Dorf sei 1985 noch nicht so dicht verbaut gewesen wie heute und die Erkundung des neuen Wohnortes habe über viel unbebautes und grünes Land geführt. Nun begibt sich der Autor, gemeinsam mit seiner Frau, erneut auf Entdeckungstour in heimischen Gefilden. Diesmal weist ihnen aber das beliebte Brettspiel Monopoly den Weg. Hotels oder Häuser hat das Ehepaar dabei keine gekauft und viele Felder des Monopolys hat es übersprungen. Das Fazit nach dem Spiel fällt mehrheitlich positiv aus: „Wir haben einen Park, eine wunderschöne grosse Sporthalle, viele Shoppingmöglichkeiten und ein sehr funktionales Gemeindehaus.“
Verhinderter Rückkehrer
Esther Wolff wiedergibt in ihrem spannend geschriebenen Artikel die Familiengeschichte von Azem Mazrekaj, der in den 1960er-Jahren aus der damals noch jugoslawischen Provinz Kosovo in die Schweiz kam, um als Gastarbeiter Geld für seine Familie zu verdienen. Volketswil sei für den im Jahr 2004 Verstorbenen einfach sein Arbeitsort gewesen. Als Heimat habe Mazrekaj immer seinen Geburtsort Peja bezeichnet, hat die Autorin aus Gesprächen mit seinen Nachkommen herausgefunden. Doch mit politischen Spannungen und anschliessenden Kriegen in Jugoslawien, sei Volketswil zu einem Ort der Sicherheit geworden, wo Mazrekaj mit seiner Familie leben konnte. „Man könnte ihn eigentlich als verhinderten Rückkehrer bezeichnen“, schlussfolgert Wolff.
Biodiversität im heimischen Raum
Ernst Michael Kistler von der Interessen-Gemeinschaft für Lebensraum und Umwelt und passionierter Ornithologe wirft einen umfassenden Blick auf die vor der Haustür lebenden Arten – sowohl auf Fauna wie auch Flora. Mit 65 Brutvogelarten bewegt sich Volketswil im Vergleich zu anderen Gemeinden im Kanton im „breiten Mittelfeld“, das gleiche gilt laut Kistler auch für Amphibien und Reptilien. Im Reich der Insekten hingegen, dem artenreichsten Segment im Naturhaushalt, sei leider ein dramatischer Schwund im Gang. Auch die Diversität der Wildtiere habe gelitten. So treffe man auf einem Waldspaziergang noch ehestens auf Eichhörnchen, Fuchs und Reh. Bei der Flora zeichne sich ein ähnliches Bild ab. Der Experte ist aber guten Mutes, dass die Gemeinde den finanziellen Aufwand für die Biodiversität in alle Zukunft leisten möge. Nicht zuletzt sei sie auch eine Visitenkarte für die Heimatliebe einer aufgeklärten und solidarischen Gesellschaft.
Z Voletschwiil dihäi
Vroni Harzenmoser ist ursprünglich im ländlichen,traditionsreichen und landschaftlich bildschönen stockkatholischen Kärnten aufgewachsen. Als sie plötzlich in Hegnau wohnte, war ihr nicht nur die Umgebung, sondern auch die Menschen und vor allem die Sprache fremd. Die täglichen Sprechübungen „Chuchichäschtli“, „im Chäller une“, „z Züri gsi“ unter fachkundiger Leitung ihres Zürcher Ehemanns halfen ihr, nach nur vier Wochen ihre angetrauten 38 Drittklässler immerhin ansatzweise zu verstehen. Ins kalte Wasser geworfen zu werden, ist nach ihrer Erfahrung sehr heilsam und der erste Schritt für die Integration. Offenheit, Neugierde, Anpassungsbereitschaft, Respekt und der Wille, ein Stückchen Heimat zu finden, seien Voraussetzungen dazu.
Turnverein, Chronik und Jubilare
Abgerundet wird das 130-seitige Neujahrsblatt mit einem Bericht über das 100-Jahr Jubiläum des Turnvereins und – wie gewohnt – mit der Auflistung der wichtigsten Ereignisse im vergangenen Jahr sowie den ältesten Einwohnerinnen und Einwohnern Volketswils.
Das 59. Neujahrsblatt à 20 Franken kann am Empfangsschalter des Gemeindehaus oder per E-Mail bei Hansjürg Fels (hj.fels@gmx.ch) bezogen werden.
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