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Zwingli - eine Filmkritik

Erstellt von Roland Portmann | |   Unsere Zeitung

Seit einigen Wochen läuft der Film «Zwingli» in unseren Kinos. Die Besucherzahlen scheinen rekordverdächtig. Als guter Protestant und reformierter Pfarrer habe auch ich mir den Film angesehen und erlaube mir hier eine kleine Filmkritik: Scharmant fand ich zuerst im Film vor allem die Inszenierung des mittelalterlichen Zürichs: Vom Ufer der Limmat aus sieht man die Wasserkirche und das Grossmünster zu denen eine alte Holzbrücke führt im morgendlichen Nebel…

Der Film ist eine Herausforderung, nicht nur für den Macher sondern auch für den Zuschauer: Im Zeitraffer müssen hier über 10 Jahre komplexe Kirchengeschichte auf rund 120 Minuten zusammen gefasst werden. Ohne historisches Vorwissen ist man als Zuschauer fast verloren… Dennoch gelingt es hier, die Kernpunkte der Reformation in Spitzenszenen darzustellen: Zwinglis Sozialkritik an der fehlenden Armenführsorge, seine Wirtschaftskritik am Söldnerwesen, seine Kirchenkritik am Ablasshandel, die Bemühungen für Aufklärung und Bildung des Volkes, aber auch den innerreformatorischen Konflikt mit den Täufern und mit Martin Luther. Alles in allem finde ich den Film recht gelungen. Für mich ist in diesem Film der eigentliche Held aber nicht Zwingli selbst, sondern seine Frau Anna Reinhart: Sie wird im Film als Mensch des Mittelalters dargestellt, der durch die Reformation innerliche und auch äusserliche Freiheit erlangt. Ist sie anfänglich noch durch die tiefe Trauer um ihren verstorbenen ersten Mann vom Glauben und der Angst vor Fegefeuer und Hölle erfüllt, so wandelt sich ihre Beziehung zu Gott und ihr Gottesbild zunehmend. Durch die Ideen ihres zweiten Mannes Zwingli inspiriert und nun durch das Erlernen des Lesens selbst fähig, die Bibel zu studieren, kommt sie zur Erkenntnis: «Nei. De Herrgott straaft eim nöd. Gott het öis gärn. Au wämer Fähler mached.» Sie findet so ihren Glauben und wird dadurch frei. Anna Reinhart ist es auch, die kritisch gegenüber der Gewalt gegen die Täufer und den Krieg gegen die Innerschweiz ist und davor warnt. Zum Schluss des Filmes ist auch sie es, die für mich eine der wichtigsten Aussagen macht, die auch noch heute gilt und das Dilemma des modernen Menschen treffend wieder gibt: «Mengmol wünschtisch mir all die alte Gwüssheite zrugg. Aber ich weiss, es bliibt öis nüt anders übrig, als uf de Suechi z sii.»

Roland Portmann, reformierter Pfarrer

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